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# taz.de -- Attentat auf Hamid Karsais Bruder: Der Blitzableiter lebt nicht mehr
> Hamid Karsais jüngerer Bruder Ahmed Wali galt als Kriegsfürst, der auch
> in Drogengeschäfte verwickelt war. Für den afghanischen Präsidenten war
> er eine unersetzliche Stütze.
Bild: Ahmed Wali Karsai im Februar 2011.
DUBAI taz | Der mächtige Halbbruder von Afghanistans Präsident Hamid Karsai
ist am Dienstag in seinem Haus in Kandahar erschossen worden. Ein Sprecher
des Präsidenten bestätigte den Tod des 50-Jährigen.
Ahmed Wali Karsai war der Blitzableiter für alle Kritik an der Regierung
seines Bruders und wurde im Westen zu einem Symbol für alles, was in
Afghanistan schieflief. Der Kriegsfürst wurde immer wieder mit
Drogengeschäften und Korruption in Verbindung gebracht. Präsident Karsai
nahm seinen kleinen Bruder jedoch stets in Schutz.
Wali Karsai, der eng mit den USA zusammenarbeitete und dessen berüchtigte
Privatarmee Kandahar Strike Force von der Nato mitfinanziert wurde, hatte
bereits 2009 einen Anschlag überlebt.
Formal war Wali Karsai lediglich Chef des Provinzrats von Kandahar, doch de
facto war er einer der einflussreichsten Männer Afghanistans, der von
westlichen Botschaftern und Nato-Generälen umworben wurde. Seine Rolle war
es, Kandahar, die zweitgrößte Stadt Afghanistans, unter Kontrolle zu
halten.
## Taliban bekennen und feiern
Wali Karsai wurde am Dienstagmorgen offenbar von einem engen Familienfreund
erschossen, der ihn besuchte. Ob der Täter auch für die Sicherheit von
Karsai verantwortlich war, ist unklar. Die Taliban bekannten sich umgehend
zu dem Mord und feierten ihn als "einen unserer größten Erfolge". Es gibt
allerdings kaum einen Anschlag in Afghanistan, mit dem die Aufständischen
sich nicht brüsten würden. Andere Beobachter sehen eher persönliche
Rachemotive als Grund für den Mord.
Fest steht, dass Wali Karsai viele Feinde hatte, die ihm nach dem Leben
trachteten. Sogar die USA warnten den Politiker einmal, dass sie ihn töten
könnten, falls er den Taliban Hilfe gewähre. Im März 2010 zitierte Reuters
einen ungenannten hohen US-Militär: "Wir würden lieber nicht so einen Mann
wie ihn dort haben, weil er so stark polarisiert. Doch wir können nichts
machen, solange wir ihm nicht eine Verbindung zu den Aufständischen
nachweisen können."
Wali Karsai war zuletzt immer stärker zu einer Belastung für die Regierung
seines Bruders Hamid geworden. In den letzten zwei Jahren sickerten mehr
und mehr Details über seine Verstrickung in das Drogengeschäft durch. Das
Weiße Haus in Washington soll versucht haben, Präsident Karsai davon zu
überzeugen, seinen Halbbruder fallen zu lassen.
Doch der Regierungschef wusste nur zu gut, dass er ohne seinen starken Mann
in Kandahar nicht auskommen würde. Als einer der Führer des einflussreichen
Popalzai-Clans spielte er eine wichtige Rolle, die Stellung der
Karsai-Familie bei den Paschtunen zu festigen, die den Süden Afghanistans
beherrschen. Auch die Talibankämpfer rekrutieren sich aus dieser
Volksgruppe. Wali Karsais Einfluss im Süden brachte seinem Bruder 2009 den
nötigen Rückhalt für die Wiederwahl als Präsident ein.
Der Mord sei "ein großer Verlust für den Präsidenten", schrieb Saad
Mohseni, der Direktor des afghanischen TV-Senders Tolo auf Twitter.
Präsident Karsai gab sich fatalistisch. "Dies ist das Leben für die
Menschen in Afghanistan," sagte er.
12 Jul 2011
## AUTOREN
Agnes Tandler
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