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# taz.de -- Merkel in Afrika: Den Ressourcenfluch brechen
> Rohstoffreichtum und Korruption sind zwei Seiten derselben Medaille.
> Entwicklungs-NGOs fordern, dass sich Merkel für mehr Transparenz im
> Rohstoffsektor einsetzt.
Bild: Prost Ressourcen! Angela Merkel auf Afrikareise.
BERLIN taz | Am Donnerstag besucht Angela Merkel auf ihrer Afrika-Reise
Nigeria – ein Land, das auf dem weltweiten Korruptionsindex von
Transparency International mit Platz 138 einen sehr schlechten Platz
einnimmt. Ein Thema wird die Bekämpfung von Korruption sein.
Daheim in Deutschland kritisierten gleich fünf Organisationen die
Bundesregierung: "Korruptionsbekämpfung taucht immer wieder in Reden auf.
Jetzt zeigt sich, ob das nur Lippenbekenntnisse sind", sagt Tobias Kahler
von der entwicklungspolitischen Organisation One.
Es geht darum, die Geldströme im internatinalen Rohstoffsektor offen zu
legen, um ein lang bekanntes Problem zu bekämpfen: "Rohstoffreichtum und
die damit verbundenen hohen Einnahmen bieten einen Nährboden für
Korruption", heißt es zum Beispiel kurz und bündig in einem Positionspapier
des Entwicklungshilfeministeriums. Der sogenannte "Ressourcenfluch" führt
dazu, das gerade in Länder mit reichen Vorräten an Rohstoffen die Armut der
Bevölkerung zunimmt, weil eine kleine, korrupte Elite mit den Einnahmen an
Macht gewinnt - bestochen von Unternehmen aus reichen Ländern.
Oft wird zudem die traditionelle Wirtschaft verdrängt und enorme
ökologische Schäden angerichtet. Gleichzeitig behindert sie den Aufbau
einer Zivilgesellschaft, die dem Treiben ein Ende bereiten könnte. Umfang
des Geschäfts: 2008 exportierte Afrika Öl und Mineralien im Wert von 283
Milliarden Euro. "Transparenz ist Entscheidend dafür, dass die Erlöse in
die Entwicklung und nicht in die Sportwagen der Reichen investiert werden",
sagt Kahler.
## EU arbeitet an Konzepten gegen Korruption
Zusammen mit Brot für die Welt, dem Global Policy Forum, Misereor und
Transpareny International forderte One die Bundesregierung auf, sich
innerhalb der EU für eine bessere Korruptionsbekämpfung stark zu machen.
Die EU arbeitet an Plänen dazu, innerhalb der Bundesregierung sei noch
nicht einmal klar, welches Ministerium die deutsche Position dazu
formulieren soll, kritisierten die Organisationen.
Oft sind es Unternehmen aus Industriestaaten, die in Entwicklungsländer
bestechen und betrügen, um an Rohstoffvorräte zu kommen. Unter Deutschen
Unternehmen waren es etwa Daimler oder Siemens, denen immer wieder
Bestechung im Ausland vorgeworfen wurde – Daimler zahlte deshalb 2008 138
Millionen Euro Strafe an die amerikanische Börsenaufsicht. Im vergangenen
Jahr zahlte Siemens in einem Vergleich 33,9 Millionen Euro an Nigeria, der
Konzern soll jahrelang Mitarbeiter aus Ministerien und Unternehmen
bestochen haben.
## Transparenz-Richtlinie wird nicht umgesetzt
Die EU zielt nun zunächst auf die Rohstoffindustrie: Im März machte das
EU-Parlament darauf aufmerksam, dass deren "enorme Einnahmen" meist nicht
besteuert werden, stattdessen gebe es "umfangreiche illegale Geldflüsse im
Zusammenhang mit massiver Steuerumgehung". Im Mai hatte
Kommissionspräsident José Manuel Barroso angekündigt, bis zum Herbst eine
neue Richtlinie für mehr Transparenz zu erarbeiten. Die alte, so
kritisierte Edda Müller, Vorsitzende von Transparency Deutschland, werde
bisher kaum umgesetzt.
Vorbild solle nun das "Dodd-Frank"- Gesetz aus den USA sein, das seit Juli
2010 für mehr Transparenz auf den Finanzmärkten sorgen soll. Darin ist auch
geregelt, dass alle Rohstoffunternehmen, die an US-Börsen gehandelt werden,
ihre Geldflüsse in Entwicklungsländer offenlegen müssen: Lizenzzahlungen,
Steuern, Abgaben und zwar für jedes Projekt einzeln. Bestechungsgelder
könnten so leichter ausfindig gemacht werden, hofft Müller. Auch
chinesische Unternehmen fallen unter die Regelung, sofern sie in den USA
notiert sind.
Flankiert werden müssten die Maßnahmen allerdings auch vor Ort, sagt
Kahler. Er verweist dazu auf die "Initiative für Transparenz in der
Rohstoffwirtschaft", mit der sich Unternehmen und Regierungen verpflichten,
ihre Geldflüsse offen zu legen. Multinationale Unternehmen wie Total,
Shell, BP, der indische Stahlkonzern Arcelor Mittal oder die deutsche RWE
sind der Initiative beigetreten. Vielleicht ein Vorbild für die
Bundesregierung: Laut Transparency befinden sich unter den 20 wichtigsten
Industrie- und Schwellenländern (G-20) drei Staaten, die bisher die
UN-Konvention gegen Korruption noch nicht ratifiziert haben: Japan,
Saudi-Arabien und Deutschland.
13 Jul 2011
## AUTOREN
Ingo Arzt
Ingo Arzt
## TAGS
Globalisierung
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