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# taz.de -- Rechtsexperte zur Sicherungsverwahrung: "Es wird immer Rückfälle …
> Die Hoffnung auf Resozialisierung wird immer wieder enttäuscht werden,
> sagt Grünen-Rechtsexperte Jerzy Montag - und will sicherungsverwahrte
> Sexualstraftäter trotzdem frei lassen.
Bild: "Prognosen haben immer einen Rest an Unsicherheit."
taz: Herr Montag, im Dezember verlangten Sie im Bundestag, als einzig
logische Folgerung aus dem Urteil des Europäischen
Menschenrechtsgerichtshofs die betroffenen Sicherungsverwahrten
freizulassen. Nun haben einige der Freigelassenen Kinder sexuell
missbraucht. Haben die Kritiker der Sicherungsverwahrung es sich zu einfach
gemacht?
Jerzy Montag: Ich glaube nicht. Es sind die aktuell bekannt gewordenen
Fälle sicherlich schreckliche Rückfälle und für die Opfer eine Katastrophe.
Aber Rückfälle hat es - leider - immer schon gegeben. Es wird keine
Gesellschaft und kein Rechtssystem geben, in denen Rückfälle ausgeschlossen
sind. Die Hoffnung darauf, dass Resozialisierung gelingt, wird immer wieder
auch enttäuscht werden.
Ist es nicht leichtfertig, so zu tun, als wollte die Union immer nur
Unschuldige wegsperren und Ängste schüren? Haben Grüne und Linke da ein
Süppchen auf Kosten von Gefangenen und Kindern gekocht?
Das bestreite ich vehement. Ich kennen niemanden, der mit der Frage je
leichtfertig umgegangen ist. Das größte Problem in der Sache ist: Wir
wissen niemals, ob wir die Ungefährlichen rauslassen und die Gefährlichen
drinlassen - oder umgekehrt. Prognosen haben immer einen Rest an
Unsicherheit.
Die Argumente, dass das Strafvollzugs- und Maßregelsystem illiberal sei und
dass die Rückfallgefahr von älteren Männern minimal sei - helfen sie den
nun missbrauchten Kindern?
Nein, und doch ist es falsch, das gegeneinanderzustellen. Wir hatten in
Deutschland Jahrzehnte, von den 1970ern bis 1998, eine
Sicherungsverwahrung, die nach zehn Jahren endete - ein damals weithin
akzeptiertes System. Erst die Entfristung durch die damalige Kohl-Regierung
hat uns die schwierigen Entscheidungen aufgebürdet, vor denen wir seither
stehen. Dringend brauchen wir nun eine Sicherungsverwahrung, die etwas
Besseres ist als die Haft.
Wie sehen grüne Konzepte für den humaneren Vollzug aus?
Die Sicherungsverwahrung muss sich in vielen Einzelheiten von der Haft
unterscheiden: Dazu gehören etwa die Möglichkeit, sein Essen selbst zu
kochen, die Wahl zwischen Spaziergang im Hof und Aufenthalt im eigenen
Raum. Natürlich gehört eine Therapie dazu, die auf ein Leben in Freiheit
vorbereitet. Das ist ein Vollzug, der Geld kostet und personalintensiver
werden wird. Doch auch dann wird es Rückfälle geben.
18 Jul 2011
## AUTOREN
Ulrike Winkelmann
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