# taz.de -- Krebskranker Präsident Hugo Chávez: Überleben - auch politisch | |
> Venezuelas Staatschef Hugo Chávez ist wieder in Kuba, um seinen Krebs zu | |
> kurieren. Geht Revolution in Venezuela auch ohne ihn? Daran zweifelt er | |
> offenbar selbst | |
Bild: Ist der "Sozialismus des 21. Jahrhunderts" ohne ihn möglich? Hugo Cháve… | |
Zwölf Jahre lang, seit er 1999 die Regierungsgeschäfte in Venezuela | |
übernahm, war Präsident Hugo Chávez omnipräsent. Jetzt ist er weg. Seit | |
Samstagabend befindet sich Chávez erneut auf Kuba, um eine Chemotherapie | |
seiner Krebserkrankung zu beginnen. | |
Für "einige Tage" werde er nach Kuba reisen, hieß es offiziell - wie lange | |
wirklich, weiß niemand. Genauso wenig, wie Details über seine | |
Krebserkrankung bekannt sind. Nur, dass am 20. Juni in Kuba ein | |
baseballgroßer Tumor in der Beckenregion entfernt wurde und dass er Krebs | |
habe, sagte Chávez. | |
Zum ersten Mal auch in den letzten zwölf Jahren hat Chávez zumindest einen | |
Teil seiner Amtsbefugnisse delegiert, an den Vizepräsidenten Elías Jaua und | |
den Finanzminister Jorge Gordani. Die Forderung der Opposition aber, gemäß | |
der Verfassung bei längerer Abwesenheit die Präsidentschaft auf seinen Vize | |
zu übertragen, erfüllt sich nicht. "Chavez ist unser Präsident, ganz egal, | |
wo er sich aufhält", sagt der Abgeordnete Carlos Escarrá von der | |
regierenden Sozialistischen Einheitspartei Venezuelas (PSUV). | |
Und darum geht es wohl auch. Die "Bolivarianische Revolution", die Hugo | |
Chávez Venezuela unter Berufung auf den Befreiungshelden Simón Bolívar | |
verordnet hat und deren Ziele er gern mit dem "Sozialismus des 21. | |
Jahrhunderts" umschreibt, ist ohne ihn schwer denkbar. Ihre Anhänger heißen | |
nicht umsonst weder Sozialisten noch Bolivaristen - sondern Chavistas. Geht | |
Revolution in Venezuela ohne Chávez? | |
## Chávez will 2012 wieder antreten | |
Daran hat wohl auch er selbst seine Zweifel. "Ich muss leben, und ich werde | |
leben", sagte er vor seiner erneuten Abreise nach Kuba. Und um ganz sicher | |
zu gehen, dass das auch wirklich jeder glaubt, meldet sich Chávez mehrmals | |
täglich per Twitter und ließ am Montag verkünden, selbstverständlich werde | |
er bei den nächsten Präsidentschaftswahlen 2012 wieder antreten. Wer auch | |
sonst? | |
In Kuba kann der 57-Jährige gleich mehrere Dinge auf einmal erledigen. Er | |
kann seinen Krebs behandeln lassen und dabei die Sicherheit genießen, dass | |
kein medizinisches Detail nach außen dringt. Darin hat Kuba Erfahrung: | |
Früher als erwartet wandelt der erkrankte Chávez ja erneut auf den Spuren | |
seines großen Vorbildes Fidel Castro, der ihn offenbar regelmäßig am | |
Krankenbett besucht. | |
Und Chávez kann sich ansehen, wie man ein auf eine einzige Führungsfigur | |
zugeschnittenes politisches System aufrechterhalten kann, wenn ebenjener | |
Führer plötzlich nicht mehr da ist. In Kuba ist das durch eine Mischung aus | |
politischer Starrheit und einer Neuentdeckung der Rolle der Kommunistischen | |
Partei erreicht worden. Die hatte vorher, obwohl als Avantgarde | |
gesellschaftlicher Entwicklung definiert, gegenüber der Omnipotenz des | |
"Máximo Líder" nur eine untergeordnete Rolle gespielt, selbst ihr | |
Grundsatzprogramm war gegebenenfalls zugunsten der persönlichen | |
Entscheidungen Fidel Castros ignoriert worden. | |
## Chávez Politik ist mehr und mehr umstritten | |
Jetzt muss die Partei als Organisation mit Bruder Raúl Castro an der Spitze | |
jene Rolle übernehmen. Nur: In Kuba sind es fünf Jahrzehnte zementierter | |
Herrschaft - in Venezuela gerade einmal eins, noch dazu mit einer Presse, | |
deren oppositionelle Triebkräfte trotz aller Gängelungsversuche noch da | |
sind. | |
Dazu kommt: Die Zustimmung zu Chávez Politik hat in den vergangenen Jahren | |
stetig abgenommen. Die wirtschaftliche Krise ist unübersehbar, die | |
Kriminalitätsrate - auch vor Chávez eine der höchsten Lateinamerikas - ist | |
weiter angestiegen, und zu viele von Chávez großen Ankündigungen und | |
Versprechungen blieben unerfüllt. Viele Mängel wusste Chávez durch seine | |
Fähigkeit zur Kommunikation auszugleichen. Jetzt fehlt er. | |
Mit "unerschütterlichem Optimismus" gehe er diese "Schlacht um sein Leben" | |
an, twittert Chávez aus Kuba. Auf dem Spiel steht mehr. Es ist auch die | |
Bewährungsprobe, ob das System, das er geschaffen hat, alleine lebensfähig | |
ist. | |
19 Jul 2011 | |
## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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