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# taz.de -- Venezuelas Präsident Chavez hat Krebs: 15 Minuten Aufklärung
> Nach langen Spekulationen bekennt Venezuelas Präsident Hugo Chávez, dass
> er Krebs hat. In seinem Lieblingsmedium - dem Fernsehen.
Bild: Präsident bei der Arbeit: Seit seinem Regierungsantritt Anfang 1999 kam …
Informationsminister Andrés Izarra war es vorbehalten, den lang erwarteten
Auftritt von Hugo Chávez anzukündigen: "Sehen Sie heute Abend um neun die
Botschaft von Präsident Chávez an das Volk von Venezuela", twitterte der
Minister am späten Donnerstagnachmittag. Und tatsächlich, zur angekündigten
Zeit setzten sich Millionen VenezolanerInnen gespannt vor die Fernseher, wo
parallel auf mehreren Sendern die 15-minütige Rede von Chavéz aus Havanna
gezeigt wurde.
Seit dem 8. Juni befindet sich der sonst so begnadete Kommunikator in
medizinischer Behandlung auf Kuba. Zuletzt hatte er sich am 12. Juni in
einem Telefoninterview auf dem Sender Telesur zu seiner Krankheit geäußert,
kurz nach dem Eingriff wegen eines Abszesses im Beckenbereich. "Die
Operation war sehr erfolgreich", sagte er damals, verschiedene
Untersuchungen hätte keinen Hinweis auf "bösartige Anzeichen" geliefert.
Seitdem blühten die Spekulationen. Mutmaßungen über eine mögliche
Krebserkrankung, die in Venezuelas Presse und US-Geheimdienstkreisen
zirkulierten, taten führende Parteigänger des Ölsozialisten trotzig als
Feindpropaganda ab. Am Mittwoch hatte der Staatskanal Acht noch ein
längeres Video verbreitet, auf dem ein abgemagerter Chávez zusammen mit dem
greisen Fidel Castro beim angeregten Plausch in einem Garten zu sehen und
zu hören war.
## Alleinunterhalter und Volkspädagoge
Doch das dürfte nur die allernaivsten Chavistas beruhigt haben: Der
Smalltalk der beiden Männer über die Schlagzeilen der kubanischen
Tagespresse oder Erinnerungen an einen gemeinsamen Besuch bei Wasserfällen
in Venezuela waren nun wirklich nicht dazu angetan, die Befürchtungen über
eine gravierendere Krankheit von Chávez zu zerstreuen. Zumal das
Außenministerium am selben Tag den großen Regionalgipfel, der für die
kommende Woche geplant war, verschob.
375-mal hatte Chávez in den letzten zwölf Jahren in seiner stundenlangen
Sonntagsshow "Aló Presidente" den Alleinunterhalter und Volkspädagogen
abgegeben - die bislang letzte Folge wurde am 5. Juni ausgestrahlt. Seit
seinem Regierungsantritt Anfang 1999 kam er auf 4.000 Stunden Redezeit in
gut 2.000 Sendungen, die auf mehreren Fernsehstationen parallel
ausgestrahlt wurden - damit dürfte Chávez selbst sein großes Vorbild Fidel
um Längen überrundet haben. Hatte er einmal ein Redemanuskript, dann nur,
um es meist spontan und immer weitschweifig auszuschmücken.
Doch nun das: Flankiert von einer großen venezolanischen Fahne und von
einem Porträt seines zweiten Helden, des "Befreiers" Simón Bolívar, steht
ein gefasster Hugo Chávez an einem Redepult und liest 15 Minuten lang
diszipliniert vom Blatt ab. Und eine Liveschaltung ist es auch nicht.
Dafür liefert der Präsident viele Informationen nach, die sich in den
letzten Wochen Freund wie Feind gleichermaßen gewünscht hatten. Bei seiner
Ankunft in Havanna habe er eigentlich nur sein Knie untersuchen lassen
wollen, doch "für Fidel war es sicher nicht schwer, einige Probleme zu
erkennen, die ich über mehrere Wochen zu überspielen versucht hatte".
## "Welch fundamentaler Irrtum!"
Dann sei im Beckenbereich eine seltsames Phänomen entdeckt worden, das
wegen eines allgemeinen Infektionsrisikos eine Notoperation erfordert
hätte. Nach weiteren Untersuchungen hätten die Ärzte einen Tumor mit
Krebszellen festgestellt, der in einer zweiten, größeren Operation ohne
Komplikationen entfernt worden sei. "Die Gesundheit vernachlässigen und
eine Abneigung gegen medizinischen Untersuchungen haben - welch
fundamentaler Irrtum!"
Dass er sich erst jetzt äußert, habe "medizinisch-wissenschaftlichen
Gründe", sagt Chávez, vor allem jedoch habe er sich anders als 1992 oder
2002 nicht "aus tiefsten Abgründen heraus" äußern wollen - 1992, als er
nach einem gescheiterten Putschversuch als geschlagener Aufrührer dastand,
und zehn Jahre später in Gefangenschaft, als der Ausgang des gescheiterten
48-Stunden-Putsches gegen ihn noch völlig offen war.
"Nun fühle ich, dass ich bereits aus einem weiteren Abgrund herauskomme",
sagt Chávez, "ich wollte zu Ihnen mit der Morgensonne sprechen, die ich
jetzt fühle, ich glaube, wir haben es geschafft. Danke, mein Gott." Ohne
einen Termin zu nennen, beschließt er die Rede mit einem "Vielen Dank, bis
zur Rückkehr".
1 Jul 2011
## AUTOREN
Gerhard Dilger
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