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# taz.de -- Nahverkehr ganz anders: Vorfahrt für Fußgänger
> Mit neuen Ampelsystemen und abgesenkten Bordsteinen setzt der Senat auf
> Barrierefreiheit - für schnelle Fußgänger, Rentner, Rollstuhlfahrer und
> Touristen.
Bild: So weit wie in Bohmte bei Osnabrück will Berlin nicht gehen
Sicherer soll es für die Fußgänger auf Berlins Straßen werden. Deshalb hat
der Senat eine sogenannte Fußverkehrsstrategie beschlossen - einzigartig in
Deutschland, jubelte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung bei der
Präsentation am Mittwoch. Mit barrierefreien Zugängen zum öffentlichen
Nahverkehr, Bordsteinabsenkungen und einer verstärkten
Öffentlichkeitsarbeit will Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer
(SPD) zum Ende der Legislaturperiode neue Akzente in der Verkehrspolitik
setzen. Die Bezeichnung der Strategie ist dagegen ungenau, schließlich sind
die Pläne nicht nur für Fußgänger, sondern auch für Rollstuhlfahrer und
Kinderwagen-Schieber von Vorteil.
Sicherheit und Barrierefreiheit sind laut Senatsverwaltung die Ziele der
zehn Modellprojekte, mit denen die Situation verbessert werden soll. "Der
Fußverkehr ist die am stärksten unterbewertete Verkehrsart", sagte der
Sprecher der Senatsverwaltung, Friedemann Kunst. Immerhin legten die
Berliner ihre Wege zu 30 Prozent ohne Fahrzeuge wie Fahrräder, Autos oder
den öffentlichen Nahverkehr zurück. Dabei sind sie auch noch schnell: Laut
einer Studie der University of Hertfordshire legen die BerlinerInnen in
11,16 Sekunden durchschnittlich 20 Meter zurück - fixer als in New York
oder Wien.
Die Umsetzung soll, sofern Rot-Rot wiedergewählt wird, im nächsten Jahr mit
drei Projekten beginnen: Ampeln für Fußgänger sollen an drei Standorten auf
die sogenannte "Restgrünanzeige" umgerüstet werden. Wie in Mexiko-Stadt
oder San Francisco bereits üblich, würden die Ampeln dann nicht mehr
spontan von Grün auf Rot schalten. Stattdessen würde ein Blinken des
Grünlichtes oder eine Zählanzeige die Straßenüberquerung erleichtern.
Ältere Fußgänger etwa müssten dann kurz vor dem Umspringen gar nicht erst
die Straße betreten. Zudem sollen bis zum Jahr 2020 alle Bordsteine an
Kreuzungen und Einmündungen abgesenkt werden, die Gehwege wären nahezu
barrierefrei. Darüber hinaus sind an Orten wie dem Checkpoint Charlie
"shared spaces" zwischen Kraftfahrern und Fußgängern geplant. Konkret:
Tempo 20 für Fahrzeuge, Vorfahrt für Fußgänger.
Kritik an dieser Maßnahme kommt von der CDU: "Die Metropole Berlin muss
Mobilität für alle bieten. Deswegen ist es falsch, die Verkehrsteilnehmer
gegeneinander auszuspielen", sagte Verkehrsexperte Oliver Friederici. Die
Pläne seien "sowohl bürger- als auch wirtschaftsfeindlich", erklärte er
weiter. Die Tourismusgesellschaft visitBerlin sieht das anders: "Berlin ist
aus touristischer Sicht fußgängerfreundlich. Die Maßnahme passt zum Image
der Stadt", sagte Sprecher Christian Tänzler.
"Wir bewerten das Programm als Erfolg und machbare Zukunftsvision", sagte
auch Bernd Herzog-Schlagk vom Verein "fuss e.V.", der an der Ausarbeitung
des Programms beteiligt war. Den Pilotverfahren zur neuen Ampelregelung sei
aber überflüssig: "Die sind nicht notwendig, weil das Konzept in anderen
Städten längst erprobt worden ist", sagte Herzog-Schlagk. Konflikte
zwischen Fußgängern und Radfahrern seien in dem Programm zu kurz gekommen.
Radfahrer nutzten zu oft die Gehwege, um sich vor Autos zu schützen. Daher
sei eine neue Überholregel für Autos sinnvoll. Diese sollten in Zukunft
eine Fahrbahnspur Abstand zu Fahrradfahrern halten.
20 Jul 2011
## AUTOREN
Werner Krause
## TAGS
Verkehr
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