# taz.de -- Schutz für Whistleblower: Ein Gesetz fehlt bis heute | |
> Nach dem Urteil zugunsten einer Altenpflegerin wollen Opposition und | |
> Gewerkschaften generell Whistleblower vor Kündigung schützen. | |
Bild: Recht für eine Altenpflegerin: Europäischer Gerichtshof für Menschenre… | |
FREIBURG taz | Die Oppositionsparteien SPD, Linke und Grüne sowie der | |
Deutsche Gewerkschaftsbund forderten nach dem Straßburger Urteil | |
Konsequenzen. Arbeitnehmer müssten in Deutschland gesetzlich vor | |
Kündigungen geschützt werden, wenn sie im Interesse der Allgemeinheit | |
Missstände in ihrem Unternehmen aufdecken. | |
Bisher gibt es für sogenannte Whistleblower, die ihr Unternehmen bei Presse | |
oder Behörden verpfeifen, kein spezielles Schutzgesetz. Zunächst einmal | |
wird ein derartiges Verhalten als Verletzung ihrer arbeitsvertraglichen | |
Loyalitätspflicht gewertet. | |
Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) 2003 entschieden, dass eine | |
Strafanzeige durch einen Beschäftigten unter bestimmten Umständen keine | |
Kündigung erlaube, vor allem wenn er vor dem Gang an die Öffentlichkeit | |
eine interne Klärung versucht hat. Doch auch auf das interne Vorgehen kann | |
verzichtet werden: wenn dies nach den bisherigen Erfahrungen keine Abhilfe | |
erwarten lässt, wenn der Arbeitgeber selbst Straftaten begangen hat (und | |
nicht nur ein einzelner Kollege) oder wenn es sich um "schwerwiegende | |
Straftaten" handelte. | |
Die große Koalition plante 2008 eine ausdrückliche gesetzliche Regelung zum | |
Schutz der Whistleblower. Im Bürgerlichen Gesetzbuch hätte der Paragraf | |
612a auch den Informantenschutz regeln sollen. Zum einen hätte eine im | |
Gesetz nachlesbare Regelung Whistleblower eher ermutigt als ein bloßes | |
BAG-Urteil. Zum anderen wollte die Koalition auch etwas über die BAG-Regeln | |
hinausgehen. So sollte ein Arbeitnehmer sich bei jeder Straftat direkt an | |
die Behörden wenden können - und nicht nur bei schwerwiegenden Delikten. | |
Die Regelung scheiterte damals am Protest der Arbeitgeberverbände, die | |
wildes Denunziantentum und falsche Anschuldigungen befürchteten. | |
Experten wie der Bundesverwaltungsrichter Dieter Deiseroth fordern ohnehin | |
weitergehende Regelungen. Er verweist auf die USA, wo ein Arbeitnehmer, der | |
sich als Whistleblower betätigte, dann auch davor geschützt wird, alsbald | |
wegen ganz anderer - vorgeschobener - Gründe gekündigt zu werden. | |
21 Jul 2011 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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