# taz.de -- Streit der Woche: Schäuble will private EU-Ratingagentur | |
> Der Finanzminister fordert mehr Wettbewerb im Ratingmarkt. Agenturen in | |
> öffentlicher Hand allerdings würden vom Markt nicht akzeptiert. | |
Bild: Irren sich auch gerne mal: Ratingagenturen. | |
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will das Oligopol der drei | |
großen Ratingagenturen aufbrechen. "Ein Schritt in diese Richtung wäre eine | |
privatwirtschaftlich organisierte europäische Ratingagentur", konkretisiert | |
der Minister seine Forderung im Streit der Woche der sonntaz. "Nur eine vom | |
Staat unabhängige Ratingagentur hätte die Aussicht, vom Markt akzeptiert zu | |
werden." | |
Auch sollten Investoren stärker zu einer eigenen Risikoeinschätzung | |
angehalten werden, "denn auch die Ratings der Agenturen sind schlussendlich | |
subjektive Einschätzungen, die immer auf bestimmten Annahmen für die | |
Zukunft beruhen und zudem nicht immer frei von Interessenkonflikten sind." | |
Die Bundesregierung unterstütze gezielt Initiativen des Financial Stability | |
Board und der Europäischen Kommission, die Bedeutung externer Ratings in | |
den aufsichtsrechtlichen Vorgaben – etwa den Eigenkapitalvorschriften für | |
Banken – zu verringern. | |
Die Unternehmensberatung Roland Berger hat ihr eigenes Modell für eine | |
europäische Ratingagentur schon erarbeitet und es der EU-Kommission, den | |
Bankaufsichten und den Regierungen der Euro-Länder vorgelegt. Markus Krall, | |
Partner bei Roland Berger, erklärt im sonntaz-Streit, warum er | |
Ratingagenturen für unverzichtbar hält. "Ratingagenturen stellen die | |
Transparenz und Informationsgleichheit zwischen Schuldnern und Gläubigern | |
her", schreibt Krall. | |
Börsenmakler Dirk Müller, international als "Mr. Dax" bekannt, fragt sich | |
hingegen, warum Banken die Risiken ihrer Anlagen nicht selbst bewerten | |
würden. "Das ist ihre ureigenste Aufgabe. Dafür haben sie doch die | |
Expertenstäbe." Die Fehleinschätzungen der großen Ratingagenturen, etwa in | |
den Fällen von Lehmann oder Island, seien legendär. Müller kritisiert zudem | |
die mangelnde Neutralität der großen Ratingagenturen, die den Vereinigten | |
Staaten trotz drohendem Zahlungsausfall noch die Bestnote bescheinigten. | |
"Nicht die Herabstufung der Europäer ist zu verurteilen, sondern die | |
Blindheit, wenn es um Länder wie USA oder Großbritannien geht." | |
Im Streit der Woche lesen Sie außerdem, warum Derek Scally, seit elf Jahren | |
Berlin-Korrespondent der Irish Times, sich bei der Ratingagentur Moody's im | |
Namen seiner Landsleute für den Ramschstatus bedankt und was eine | |
Volkswirtschaftlerin und der taz-Leser Tobias Fertsch von den | |
Ratingagenturen halten. | |
23 Jul 2011 | |
## AUTOREN | |
Sebastian Fischer | |
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