# taz.de -- Kunstszene empört über Liegenschaftsfonds: Marktpreis stoppt Kuns… | |
> Der ehemalige Kreuzberger Blumengroßmarkt soll als "Checkpoint Art" | |
> verscherbelt werden. Kunstszene verlangt in offenem Brief grundlegend | |
> anderen Umgang mit Landesimmoblien. | |
Bild: Rosen werden bei der Debatte über die Zukunft des Blumengroßmarktgelän… | |
Ein neuer Kulturstandort soll in der südlichen Friedrichstadt entstehen - | |
so viel ist klar. Doch nun gibt es Streit um das 12.700 Quadratmeter( | |
)große Gelände rund um den ehemaligen Blumengroßmarkt in Kreuzberg. Der | |
Liegenschaftsfonds hat das Gelände vor rund einer Woche zum Verkauf an | |
private Investoren ausgeschrieben. Das verstoße gegen alle Absprachen mit | |
dem Bezirk und dem Projektbüro Kreativquartier Südliche Vorstadt, sagt | |
dessen Sprecher Florian Schmidt. Eine Initiative von Berliner | |
Kulturschaffenden hat den Eklat zum Anlass genommen, sich mit einem offenen | |
Brief an den Senat und die Spitzenkandidaten der Parteien zu wenden (siehe | |
rechts). | |
Der Blumengroßmarkt an der Friedrichstraße war im Mai 2010 geschlossen | |
worden. Das Projektbüro hatte sich ursprünglich zusammen mit anderen dafür | |
eingesetzt, dass dort eine städtische Kunsthalle eröffnet wird. | |
Mittlerweile ist klar, dass das benachbarte Jüdische Museum die Halle als | |
Erweiterungsbau nutzen wird. Die Flächen drum herum wollte der Bezirk zu | |
einem Kreativquartier entwickeln. Deshalb sollten sie ausdrücklich nicht an | |
den Meistbietenden verkauft werden. | |
Zur Erarbeitung eines konkreten Verkaufskonzeptes hatte sich im September | |
2010 ein Arbeitskreis zusammengesetzt. Mit dabei: Bezirksbürgermeister | |
Franz Schulz (Grüne), die Senatsverwaltungen für Wirtschaft und | |
Stadtentwicklung, Vertreter des Liegenschaftsfonds und der landeseigenen | |
Berliner Großmarkt GmbH, die der Haupteigner des Geländes ist. An den | |
Sitzungen war auch Florian Schmidt vom Projektbüro Kreativquartier | |
beteiligt. Alles sah also nach einer dialogorientierten Planung für das | |
Vergabeverfahren der Flächen aus. Ein endgültiges Konzept sollte im | |
September vorgelegt werden. | |
Doch seit dem 15. Juli steht das Areal als "Checkpoint Art" auf der | |
Homepage des Liegenschaftsfonds zum Verkauf. Schmidt wurde nicht darüber | |
informiert. Die Ausschreibungsdauer beträgt nur vier Monate. Das sei viel | |
zu wenig für kleinere Investoren, die das Geld erst organisieren müssten, | |
kritisiert Schmidt. Außerdem ziele das angeordnete Mindestpreisverfahren | |
lediglich auf konventionelle, große Investoren ab, erklärte Schmidt. Er | |
hatte sich gemeinsam mit Bürgermeister Schulz für ein Festpreisverfahren | |
ausgesprochen, um den inhaltlichen Gestaltungsplänen einen Vorrang | |
einzuräumen. | |
Annette Mischler, Sprecherin des Liegenschaftsfonds, weist die Kritik | |
zurück: "Unsere Vergabekriterien werden durch das Land Berlin und den | |
Besitzer der Flächen vorgegeben - danach haben wir uns gerichtet." Der | |
Ausschreibungstermin sei daher durch die Berliner Großmarkt GmbH angeordnet | |
worden. Auch der Senat hat an der Ausschreibung nichts zu beanstanden. "Das | |
ist kein Ausverkauf, und das Konzept schließt auch keine Investoren aus", | |
sagte Mathias Gille, Sprecher der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. | |
Jochen Esser, Grünen-Abgeordneter und Aufsichtsratsmitglied des | |
Liegenschaftsfonds, macht hingegen den rot-roten Senat für das Vorgehen | |
verantwortlich. Der Verkauf sei durch die Großmarkt GmbH veranlasst worden, | |
bestätigt Esser. In dessen Aufsichtsrat habe jedoch die Senatsverwaltung | |
für Wirtschaft das Sagen. "Der Liegenschaftsfonds ist hier nur der | |
Dienstleister der Eigentümer", sagte Esser weiter. | |
Schmidt und die UnterzeichnerInnen des offenen Briefes wollen das so nicht | |
hinnehmen. Sie fordern einen Abbruch des laufenden Verfahrens - und darüber | |
hinaus einen grundlegend anderen Umgang mit landeseigenen Grundstücken. | |
Dazu sollten sich die Spitzenkandidaten der Parteien bekennen. | |
26 Jul 2011 | |
## AUTOREN | |
Werner Krause | |
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