# taz.de -- Werbung in sozialen Netzwerken: Alle Kölner, die nach Urlaub suchen | |
> Nutzerdaten werden wertvoller – weil Werbung im Netz nur noch interessant | |
> ist, wenn sie auf die Zielgruppe zugeschnitten ist. Bald kann man sich | |
> User "kaufen". | |
Bild: Auffällig platziert erreicht Werbung auch die Richtigen. | |
Auf Google+ wird derzeit heiß darüber diskutiert, warum User, die ihren | |
Klarnamen in dem neuen sozialen Netz nicht preisgeben wollen, mit dem | |
[1][Ausschluss aus allen Google-Diensten] gedroht wird. | |
"Wenn man seinen normalen Namen nennt, hilft man allen Bekannten, das | |
eigene Profil im Netz zu finden und eine Verbindung mit der richtigen | |
Person herzustellen", heißt es dazu von einem Google-Sprecher lapidar, | |
während Manager wie Google-Social-Media-Boss Vic Gundotra betonen, es gehe | |
darum, eine "qualitativ hochwertigere Gemeinschaft als ein einfaches Forum" | |
zu schaffen. Das Ideal einer High-Quality-Community also? | |
Was bei der ganzen Debatte bis dato kaum beachtet wird, ist eine ganz | |
andere Frage: Warum pochen Google und Facebook überhaupt so massiv auf die | |
Klarnamennennung? Bei Facebook fliegt man ganz offiziell raus wenn man | |
täuscht, bei Google+ ist es ein möglicher Grund für einen Rausschmiss. Die | |
Antwort ist simpel: Sowohl Facebook als auch Google denken an ihre Kunden. | |
Und die sind, anders als das vielfach angenommen wird, nicht etwa die | |
Million Nutzer, die täglich auf besagten Seiten vorbeischaut, sondern | |
Werbetreibende. Die zahlen die Rechnung für den auf den ersten Blick | |
kostenfreien Netzspaß – mit ihren Reklamebudgets. | |
Und aus diesem einst simplen Business ist ein zunehmend ausgefeilteres | |
Geschäft geworden. So gut wie niemand will mehr einfache Banner schalten | |
oder Textlinks kaufen. Die Firmen wollen sicherstellen, dass sie mit ihren | |
Etats auch die Zielgruppe erreichen, die sie suchen. So ließe sich mit dem | |
Klarnamen etwa feststellen, ob es sich bereits um einen Bestandskunden | |
handelt. | |
Nicht, dass Google und Facebook Herrn Meier oder Frau Schmitt bereits | |
"verkaufen" würden, eine derart tiefgehende Sales-Masche würde vielen | |
aktuellen Datenschutzgesetzen widersprechen. Doch wenn man Herrn Meier und | |
Frau Schmitt ganz leicht anonymisiert, ist das kein Problem mehr: Ein | |
kleiner Datenschnipsel aus Zahlen und Buchstaben, das Cookie, reicht schon, | |
solange es einzigartig ist. Legt sich in einigen Jahren dann die Angst vor | |
den Datenriesen ein bisschen, kann man vielleicht auch mal den Klarnamen | |
benutzen, der ist ja schon vorhanden. | |
## Riesige Marktplätze für Nutzerdaten | |
Wie das Werberfachblatt "AdAge" vor einigen Wochen meldete, soll es bald | |
riesige Marktplätze für solch anonymisierte Nutzerdaten geben. Firmen | |
könnten dann von Websites angebotene Zielgruppenpakete erwerben. Verkauft | |
werden die jetzt teilweise schon, etwa von Targeting-Firmen wie BlueKai | |
oder Exelate, doch Google möchte diese laut "AdAge" auf einer eigenen, | |
riesigen Plattform namens "DDP" zusammenbringen, was die Datenqualität noch | |
deutlich verbessern würde. | |
Das ließe sich dann beispielsweise so an: "Ich hätte gerne alle Menschen, | |
die gerade nach Urlaub in der Südsee suchen und in Köln wohnen." Websites | |
von Verlagen, Reiseveranstaltern oder Online-Kaufhäusern könnten sich so | |
noch den ein oder anderen Euro hinzuverdienen, denn sie würden nicht nur | |
Werbeplätze und Produkte verkaufen, sondern auch Daten. Selbst | |
Offline-Infos wie Zeitungsabos oder Finanzdaten über den Wohnort könnten | |
einfließen. Bei all den Deals wird stets betont, es handele sich ja nicht | |
mehr um "persönlich identifizierbare" Daten – der Werbetreibende sieht | |
keine Namen, alles geht automatisch. | |
Noch ist die Landschaft stark fragmentiert, sagt ein Manager eines | |
Datendienstleisters gegenüber "AdAge". Zwar halten Facebook, Google, Yahoo, | |
Microsoft und diverse andere Portale Such- und Surf-Daten vor, doch so | |
richtig integriert sind die noch nicht. Da sei Google doch in der Position, | |
den Marktplatz zu stellen. | |
Der Konzern bestätigt die Pläne bislang nicht, es heißt, er arbeite an den | |
verschiedensten Initiativen. Käme "DDP" zustande, dürfe es aber ein echter | |
Marktplatz werden: Werbetreibende oder ihre Mediaagenturen geben Gebote ab | |
und derjenige, der am meisten für die Hausfrauen in Ohio oder die Banker in | |
New York bietet, erhält den Zuschlag. Und alles, was die wahre Identität | |
des Nutzers und den Klarnamen trennen, sind kleine Datenschnipsel. | |
2 Aug 2011 | |
## LINKS | |
[1] /Probleme-bei-Google+/!75215/ | |
## AUTOREN | |
Ben Schwan | |
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