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# taz.de -- Bahn-Monopol im Fernverkehr fällt: Hamburg-München mit dem Linien…
> Fernverkehr bedeutet in Deutschland: Bahnfahren. Nur auf der Strecke
> Hamburg-Berlin darf auch mit Bussen gereist werden. Das Gesetz aus dem
> Jahr 1934 wird jetzt geändert.
Bild: Bislang nur ins Ausland, bald aber auch innerhalb Deutschlands erlaubt: R…
BERLIN taz | Wer heute mit dem ICE von Hamburg nach Mannheim reisen will,
der zahlt dafür 112 Euro. Ab 2012 soll man dieselbe Strecke für 34 Euro
zurücklegen können - mit dem Bus. Im Moment gibt es diese Linie jedoch nur
in der Nacht – denn ein Gesetz aus dem Jahr 1934 verbietet Busunternehmen,
Tarife anzubieten, die bereits von der Bahn abgedeckt werden.
2012 soll Schluss sein damit. Denn dann tritt höchstwahrscheinlich eine
Gesetzesänderung inkraft, die den Fernbusverkehr umfassend liberalisiert.
Busunternehmen wollen die Gunst der Stunde nutzen und ein umfassendes,
preiswertes Liniennetz zwischen Großstädten errichten.
Der Entwurf zur Überarbeitung des Personenbeförderungsgesetzes stammt vom
Verkehrsministerium und wurde nun dem Bundeskabinett vorgelegt. Es ist sehr
wahrscheinlich, dass die Gesetzesänderung noch in diesem Sommer
verabschiedet wird. Schwarz-Gelb hatte sich bei den Koalitionsverhandlungen
auf eine Liberalisierung des Fernbusverkehrs geeinigt. In Zukunft sollen
Busse Fahrten auf praktisch allen Strecken anbieten können. Weder die Zahl
der Haltestellen soll beschränkt, noch Strecken in bestimmten Regionen
ausgeschrieben werden. So können auch Verbindungen von zwei Konkurrenten
parallel befahren werden.
## Strecke Berlin-Hamburg: aus dem Kalten Krieg
Nach der jetzigen Gesetzeslage wäre das nicht möglich. Jede neue Buslinie
bedarf noch einer Genehmigung. Diese wird aber nur erteilt, wenn die neue
Linie eine "wesentliche Verbesserung" vorhandener Verbindungen darstellt.
Ein günstigerer Preis spielt dabei keine Rolle. Einzige Ausnahme: Busse,
die von und nach Berlin fahren – ein Überbleibsel aus dem Kalten Krieg.
In Ländern wie Schweden und den USA ist das Monopol der Bahn längst
Geschichte. Wenn es in Deutschland fällt, wird auch hier ein freier Markt
für den Fernverkehr entstehen. Rund 50 Unternehmen werden darum
konkurrieren. Eine davon ist die Deutsche Touring GmbH. Vertriebsleiter
Frank Bodlak rechnet mit großen Gewinnen für seine Busgesellschaft. Wegen
des Bahnmonopols kann sie im Moment für viele Routen nur Nachtfahrten
anbieten. In Zukunft soll die Flotte aufstockt werden – jeden Tag sollen
mehrere Fernbusse zwischen den Wirtschaftsmetropolen verkehren. Das
Unternehmen spricht derzeit mit regionalen Fahrbetrieben, um die Fernbusse
an die Fahrpläne mittelgroßer Städten anzubinden.
Die Bahn kritisiert die geplante Abschaffung der Genehmigungspflichten für
neue Linien. "Genehmigungspflichten für Linienbusverkehre", so ein Sprecher
der Bahn, "sind erforderlich, um im Interesse der Kunden das heutige
Sicherheits- und Qualitätsniveau im öffentlichen Personenverkehr in
Deutschland zu gewährleisten." Im Klartext heißt das: Die Bahn will an den
alten Genehmigungspflichten festhalten, weil diese ihre Monopolstellung
sichern. Denn sie fürchtet, Kunden an die neue Konkurrenz zu verlieren. Sie
geht von einem Rückgang der Nachfrage von 10 bis 20 Prozent aus und bezieht
sich damit auf eine Risikoanalyse des Verkehrsministeriums.
## Eine Million Fahrgäste pro Jahr
Doch wie wahrscheinlich ist es, dass Bahnfahrer bald auf Busse umsteigen
werden? Der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer (BDO) geht davon
aus, dass rund eine Million Fahrgäste pro Jahr auf die Busse zurückgreifen
werden. Unterschiedliche Studien bescheinigen dem Markt für Fernbusse ein
hohes Potential. Fabian Haunerland, Mitverfasser einer unabhängigen Studie
der TU-Dresden zum Thema, rechnet mit acht bis zehn Prozent Marktanteil für
die Fernbusse.
Davon bleibe jedoch der Marktanteil der Bahn nahezu unberührt, so
Haunerland. Im schlimmsten Fall für die Bahn würde dieser um drei Prozent
einbrechen. "Das wäre auch nur dann der Fall, wenn nicht auf die neue
Konkurrenz reagiert und keine besseren Sparpreise anbietet", sagt
Haunerland.
Auch der Verbraucherschützer Otmar Lell glaubt nicht daran, dass die Busse
für die Bahn zu einem großen Problem werden könnten. "Denn Busse und Bahnen
sprechen unterschiedliche Zielgruppen an", sagt der Verkehrsexperte. Die
Busse würden vor allem Kunden ansprechen, die sich die Bahnen ohnehin nicht
leisten könnten. Lell sieht keinen vernünftigen Grund, warum die Bahn, vor
der neuen Konkurrenz geschützt werden sollte.
Die Verbraucherzentrale begrüßt die Busse auch, weil sie umweltschonender
als die Bahn: "Busse haben eine gute CO2-Bilanz und haben ein besseres
Verhältnis von Fahrzeuggewicht und Passagieren", sagt Lell. Doch in anderen
Bereichen gehe die Gesetzesänderung nicht weit genug. "Die Gesetzgeber
versuchen es so wenig wie möglich zu verändern." Das betreffe vor allem den
Bedarfsverkehr im Nahbereich. So befinden sich zum Beispiel Busse auf
Anruf, die es mittlerweile überall in ländlichen Gegenden gibt, weiterhin
in einer rechtlichen Grauzone. "Im Gegensatz zu den Busunternehmen haben
die keine Lobby."
3 Aug 2011
## AUTOREN
M. Rank
C. Janke
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