# taz.de -- Korruption in Österreich: Haiders Erbe muss in den Knast | |
> Der Kärntner Vizelandeshauptmann Uwe Scheuch wird zu 18 Monaten Haft | |
> verurteilt - 6 muss er absitzen. Er hatte einen Pass gegen Geld | |
> angeboten. | |
Bild: Schluss mit lustig: Uwe Scheuch muss ins Gefängnis. | |
WIEN taz | Achtzehn Monate Haft, zwölf davon auf Bewährung, wegen | |
Amtsmissbrauchs und Korruption. So lautet der Urteilsspruch eines Kärntner | |
Richters gegen den stellvertretenden Landeshauptmann und Landesparteichef | |
der FPK, Uwe Scheuch. Die FPK - Freiheitliche in Kärnten - ist jene Partei, | |
die aus dem von Jörg Haider gegründeten Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) in | |
Kärnten hervorgegangen ist. | |
Scheuch ist also der mächtigste Nachfolger Haiders im südlichsten | |
österreichischen Bundesland. Und er übernahm auch dessen | |
Geschäftspraktiken. Denn verurteilt wurde er für das Angebot, sich für die | |
Einbürgerung eines russischen Investors einzusetzen, wenn dieser einen | |
Prozentsatz der Investition an die Partei spende. | |
Das unmoralische Angebot, das seit seiner Aufdeckung im vergangenen Jahr | |
als "Part of the Game-Affäre" bekannt ist, wurde von einem Parteifreund | |
Scheuchs auf Tonband aufgezeichnet und dann der Presse zugespielt. Darin | |
sagte Scheuch wörtlich: "Wenn das Projekt fertig ist, ist die | |
Staatsbürgerschaft - no na net - Part of the Game". | |
Obwohl Scheuch für die Verleihung von Staatsbürgerschaften nicht zuständig | |
war und das Geschäft nie zustande kam, sah Richter Christian | |
Liebhauser-Karl den Straftatbestand des Amtsmissbrauchs als erfüllt an. Er | |
wollte seinen unerwartet harten Urteilsspruch als Warnschuss an alle | |
Politiker verstanden wissen: "Sie haben das Vertrauen der Bevölkerung in | |
die Politik weiter erschüttert. Es geht jetzt darum, andere von solchen | |
Taten abzuhalten." | |
## "Zutiefst unschuldig" | |
Die Einbürgerung "für Verdienste um die Republik Österreich" wird von der | |
Bundesregierung in der Regel für Persönlichkeiten aus Sport, Kultur oder | |
Wirtschaft beschlossen. Im Innenministerium gehen jährlich rund 250 | |
diesbezügliche Empfehlungen von Bürgermeistern oder Landeshauptleuten ein. | |
Nirgendwo werden aber so schamlos Pässe gegen Vorteile verkauft, wie in | |
Kärnten. Jörg Haider hatte sich besonders oft für Investoren mit Vermögen | |
dubioser Provenienz aus Russland oder auch dem Irak eingesetzt. Die letzte | |
Amtshandlung der ÖVP-BZÖ-Regierung unter Wolfgang Schüssel im Januar 2007 | |
betraf die von Haider gewünschte Einbürgerung zweier Russen. | |
Uwe Scheuch, 42, der sich anfangs an das Gespräch nicht erinnern wollte, | |
vor Gericht aber dessen Inhalt nicht mehr bestritt, versuchte die Sache | |
herunterzuspielen und erklärte sich "als zutiefst unschuldig". Das Urteil | |
traf ihn und seine im Gerichtssaal versammelten Fans wie ein Donnerschlag. | |
Nach einer Schrecksekunde erklärte er sich zu einem Opfer von | |
"Politjustiz". | |
Rechtsanwalt Dieter Böhmdorfer, einst Justizminister der schwarz-blauen | |
Regierung, kündigte Berufung an und erwartet eine volle Rehabilitierung vor | |
dem Grazer Oberlandesgericht: "Dieses Fehlurteil hält in der zweiten | |
Instanz auf keinen Fall." | |
Sollte das Urteil jedoch bestätigt werden, muss Scheuch als Stellvertreter | |
des Landeshauptmannes zurücktreten. Scheuch, der aus einer | |
deutschnationalen Familie kommt, ist der eigentlich starke Mann in Kärnten | |
und Architekt der Wiedervereinigung mit der FPÖ. Sein Bruder Kurt ist | |
Fraktionsvorsitzender im Landtag, wo die FPK 17 von 36 Sitzen hält. | |
Der Verurteilte sieht keinen Grund für einen Rücktritt, den alle Parteien, | |
außer der FPÖ, vehement fordern. Im Stile von Silvio Berlusconi haben die | |
Freiheitlichen ein Trommelfeuer gegen die "politisierte Justiz" und das | |
"unfassbare Fehlurteil" entfesselt. | |
Kärntens ÖVP-Chef Josef Martinz ließ zwar seine Koalition in der | |
Landesregierung nicht platzen, legte sie aber in einer halbherzigen | |
Drohgebärde bis zu dem Berufungsurteil auf Eis. Namhafte Juristen wie Heinz | |
Mayer, Dekan der Juristischen Fakultät an der Universität Wien, zeigten | |
sich zwar auch überrascht von der Höhe der Strafe, können aber den Vorwurf | |
des Fehlurteils nicht teilen. Ein Amtsträger könne sich schon strafbar | |
machen, wenn er den Vorteil nur fordere. | |
3 Aug 2011 | |
## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
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