# taz.de -- Schulreform in NRW: Zwölf Jahre "Schulfrieden" | |
> Vieles neu in NRW: Die Sekundarschule soll die bestehenden Schulformen | |
> ergänzen, die Hauptschule darf abgeschafft werden. Lehrerverbände | |
> begrüßen das. | |
Bild: Nach der Sommerpause soll die Sekundarschule als weitere Schulform in NRW… | |
KÖLN taz | Ab Herbst soll für mindestens zwölf Jahre "Schulfrieden" in | |
Nordrhein-Westfalen sein. So haben es jedenfalls SPD, Grüne und CDU Mitte | |
Juli in ihrem "Schulpolitischen Konsens für Nordrhein-Westfalen" | |
vereinbart. Mit einer gemeinsam getragenen Gesetzesnovelle soll nach der | |
Sommerpause die Sekundarschule als weitere Schulform etabliert werden. In | |
dieser lernen die Schüler mindestens in den Klassen fünf und sechs | |
gemeinsam, eine eigene gymnasiale Oberstufe gibt es nicht. Außerdem | |
verschwindet die Hauptschulgarantie aus der Landesverfassung. | |
Damit begibt sich das bevölkerungsreichste Bundesland schleichend auf den | |
Weg zu einem zweigliedrigen Schulsystem, wie es auch woanders Mode geworden | |
ist. Im September sollen die vereinbarten Änderungen des Schulgesetzes und | |
der Landesverfassung in den Landtag eingebracht werden. Bis Oktober sollen | |
die Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen sein. | |
Selten zuvor ist eine Schulreform auf derartig breite Zustimmung gestoßen. | |
Unisono lobten die Lehrerverbände die rot-grün-schwarze Verständigung - | |
wenn auch aus unterschiedlichen Motiven. Während konservative Verbände wie | |
der Philologenverband die "eindeutige Abkehr von der Einheitsschule" | |
bejubelten, freute sich die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) | |
"über die positiven Signale für die Gesamtschulen". Aus der Vereinbarung, | |
die die rot-grüne Minderheitsregierung mit der größten Oppositionspartei | |
getroffen hat, ist beides herauslesbar. | |
## Die bisherige Verfassung ist vage | |
Aber vereinzelt gibt es auch kritische Stimmen. Die Grüne Jugend NRW sprach | |
von einer "Minimallösung", die "kein Grund zum Feiern" sei. Die | |
Landesregierung habe "deutliche Zugeständnisse an die überholten | |
schulpolitischen Vorstellungen der CDU" machen müssen. Deutlicher wird die | |
frühere bildungspolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, Brigitte | |
Schumann: "Für diejenigen, die die Grünen und die SPD in jüngster | |
Vergangenheit als Kritiker des gegliederten Schulsystems ernst genommen | |
haben, ist dies ein absoluter politischer Vertrauensbruch", wirft die | |
Lehrerin ihren alten Parteifreunden vor. Besonders kritisiert sie die | |
geplante explizite Aufnahme des gegliederten Schulsystems in die | |
Landesverfassung. Das sei "der eigentliche Erfolg der CDU". | |
Bisher heißt es in der Verfassung nur vage: "Die Gliederung des Schulwesens | |
wird durch die Mannigfaltigkeit der Lebens- und Berufsaufgaben bestimmt." | |
Nach Ansicht progressiver Bildungspolitiker wäre dieses Gliederungsgebot | |
durchaus auch in einem einheitlichen Schulsystem mit innerer | |
Differenzierung realisierbar. | |
Die Kritik teilt im Landtag nur die Linkspartei. Sie hat bereits | |
angekündigt, gegen den "Schulkonsens" zu stimmen. Die angekündigte | |
Verfassungsgarantie für das gegliederte Schulsystem sei "ein Rückfall ins | |
19. Jahrhundert", sagte ihre bildungspolitische Sprecherin Gunhild Böth. | |
3 Aug 2011 | |
## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
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