# taz.de -- Norwegischer Terrorist Breivik: Klappe zu, Affe tot! | |
> Wenden, bitte: Die Norweger drehen Boulevardzeitungen mit Breivik auf dem | |
> Cover am Kiosk einfach kollektiv um. Sie wollen "dieses Gesicht nicht | |
> mehr sehen". | |
Bild: Allgegenwärtig, auch im Innenteil: Anders Behring Breivik. | |
STOCKHOLM taz | Die Norweger wollen Anders Behring Breivik nicht mehr | |
sehen. Auch nicht am Kiosk. Zeitungsredaktionen, die das nicht verstehen, | |
werden seit einigen Tagen "bestraft". | |
Begonnen hatte der Boykott am vergangenen Samstag. Da hatten die | |
Boulevardzeitungen VG und Dagbladet das Bild des Terroristen groß auf dem | |
Titel. Geschäfte der Ladenkette "Kiwi" nahmen diese Zeitungen daraufhin | |
entweder ganz aus dem Angebot oder legten sie mit der Rückseite nach vorn | |
in den Verkaufsständer. | |
"Wir wollen dieses Gesicht nicht mehr an unserem Arbeitsplatz sehen", | |
erklärten sie auf einem Plakat: "Er soll vergessen sein und nicht auch noch | |
exponiert werden." Und sie warfen den betreffenden Medien "ein perverses | |
Bedürfnis" vor, Breiviks Bild zu drucken. | |
Die Aktion "Snur Tabloidaviser" – wendet die Tabloids – breitete sich | |
seither bei immer mehr Ladenbesitzern aus. "Wir machen das aus Sympathie | |
mit den Betroffenen", erklärte Mette Sønvisen, die Chefin des | |
"Narvesen"-Kiosk in Alta, warum sie ihrer Kundschaft die | |
Dienstag-Titelseiten von VG und Dagbladet nicht zumuten wollte und eben nur | |
die jeweiligen Rückseiten mit dem Wetterbericht zu sehen waren. | |
Angefeuert über Facebook und Twitter nehmen nun immer mehr Passanten das | |
"Zeitungswenden" selbst in die Hand. "Ich war das nicht", beteuerte Øyvind | |
Sørumshagen von einem Osloer Kiosk: "Die Leute gehen vorbei und drehen die | |
Zeitungen einfach um." | |
Dagbladet-Chefredakteur Lars Helle hat zwar ein "gewisses Verständnis", | |
meint aber, solche Aktionen grenzten an Zensur: "Falscher Ansatzpunkt, | |
falsches Objekt und falsches Resultat. Wir können Breivik doch nicht | |
einfach unter den Teppich fegen." | |
Auch Per Edgar Kokkvold vom norwegischen Presseverband warnt vor "falscher | |
Strategie". Man könne Breivik und seine Tat nicht einfach vergessen. Aber | |
natürlich sollten die Medien sich fragen, was ihnen das Publikum mit | |
solchen Aktionen sagen wolle. | |
4 Aug 2011 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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