| # taz.de -- Bundesliga-Aufsteiger FC Augsburg: Nicht mit uns | |
| > Der FC Augsburg mustert Michael Thurk, Torschützenkönig der vorletzten | |
| > Saison, aus. Thurk übt Medienschelte und beleidigt den Trainer. Der aber | |
| > hat Narrenfreiheit. | |
| Bild: Weg mit dem Konfliktherd: Michael Thurk. | |
| AUGSBURG taz | Andreas Rettig wollte gar nicht erst so tun, als sei diese | |
| Woche so verlaufen, wie er das geplant hatte: "Die Geschichte mit Michael | |
| Thurk hat natürlich für viel Aufsehen gesorgt. Es ist doch völlig klar, | |
| dass die Leute sich fragen, warum wir auf einen erfolgreichen Spieler | |
| verzichten wollen." | |
| Zu Wochenbeginn hatte der Manager des FC Augsburg zusammen mit Trainer Jos | |
| Luhukay dem Torschützenkönig der vorletzten Saison eröffnet, dass seine | |
| Zeit beim Aufsteiger abgelaufen sei. | |
| Die angeblich "rein sportlichen Gründe" – in der Tat ist der wuselige | |
| Strafraumstürmer im neuen 4-2-3-1-System weder als Stoßstürmer noch als | |
| Zehner eine gute Besetzung – sind dabei natürlich nicht die entscheidenden | |
| Gründe, schließlich wäre der Torschützenkönig der vorletzten Saison mit | |
| seinem Torinstinkt als Joker eine echte Waffe. Doch Thurk ist keiner, der | |
| ein Dasein als Bankdrücker klaglos hinnehmen würde. Schon nach der | |
| Nichtberücksichtigung fürs Pokalspiel in Oberhausen hatte Thurk sich über | |
| die Medien beschwert. Zudem soll es Handgreiflichkeiten beim Training und | |
| beleidigende Worte an die Adresse des Trainers gegeben haben. Kurzum: Der | |
| Verein hatte Angst, einen Fleisch gewordenen Konfliktherd durch eine Saison | |
| zu ziehen, die ohnehin denkbar schwierig wird: "Wir gelten doch als | |
| Absteiger Nummer eins", weiß Rettig, "und auch hier kann keiner | |
| garantieren, dass es nicht tatsächlich so kommt." | |
| Beim FCA, sagt Rettig, denke man allerdings in längerfristigen Kategorien. | |
| "Wir wollen dauerhaft zu den besten 20 Deutschlands gehören - das | |
| beinhaltet auch mal den zweiten Platz in der Zweiten Liga." Genau den | |
| belegte man auch in der vergangenen Saison. Und seit der FCA als 51. Verein | |
| seit Ligagründung nun erstklassig ist, ist es vorbei mit der Ruhe in | |
| Bayerns drittgrößter Stadt. | |
| ## Augsburger Tradition | |
| 17.500 Dauerkarten hat der Club mit dem 30-Millionen-Mini-Etat bereits | |
| verkauft, über 5.000 neue Mitglieder konnten geworben werden, alle | |
| Logenplätze sind seit Wochen ausverkauft. Jüngere Menschen halten den Club | |
| dennoch für einen Newcomer wie Hoffenheim oder RB Leipzig. Doch der | |
| Vergleich hinkt. Bevor der FCA von 1983 bis 2006 in die Untiefen der | |
| Dritten und Vierten Liga abtauchte, galt er als nahezu etablierter | |
| Zweitligist. Bernd Schuster, Karl-Heinz Riedle, Armin Veh (der später | |
| zweimal als Trainer zurückkam), Raimond Aumann und natürlich Helmut Haller | |
| lernten hier das Fußballspielen. | |
| Doch der FCA wäre wohl weiter vor sich hin geschlummert, wenn 2004 nicht | |
| der reiche Textilunternehmer Walther Seinsch sein Herz an den FCA verloren | |
| hätte. 2006, der Aufstieg in die 2. Liga war gerade gelungen, holte er | |
| Andreas Rettig nach Schwaben, der 2009 endlich einen Trainer fand, dessen | |
| sachliche, unpopulistische Art zu einem Verein passt, der sich ruhiges, | |
| aber stetiges Wachstum verordnet hat. Präsident Seinsch hat seinem Trainer | |
| eine Jobgarantie ausgestellt. Luhukay dürfe auch 34 von 34 Spielen | |
| verlieren, sagte er vor ein paar Wochen. | |
| ## Lücke im Kollektiv | |
| Bislang scheint es, als habe man sich nach dem souveränen Aufstieg eher | |
| geschwächt als verstärkt. Von den Abgängen wiegen die von Moritz Leitner | |
| (Dortmund) und Ibrahima Traoré (Stuttgart) am schwersten, gerade in | |
| spielerischer Hinsicht reißen sie eine Lücke in ein Kollektiv, dessen | |
| Stärken nicht unbedingt im konstruktiven Spielaufbau liegen. Den zuweilen | |
| fehlenden Esprit machte man in der Zweiten Liga durch individuelle Qualität | |
| und eine hervorragende Organisation in der Defensive wett. Vorne lief es, | |
| weil Traoré oder Nando Rafael eine Qualität mitbrachten, die in der Zweiten | |
| Liga ihresgleichen suchte. Rafael blieb - genau wie Keeper Simon Jentzsch | |
| (35). Von den Neuzugängen dürfte nur Lorenzo Davids einen Stammplatz | |
| bekommen. | |
| Der Cousin von Edgar Davids überzeugte in den Vorbereitungsspielen auf der | |
| Sechserposition, wo er im 4-2-3-1 zum Zuge kommen dürfte, ein System, das | |
| Luhukay in der Vorbereitung zur Grundausrichtung erklärt hat. "Die Zeiten | |
| des Hauruckfußballs sind vorbei", erläutert Rettig, der "wenn irgend | |
| möglich" noch ein, zwei gute Offensivspieler verpflichten will. "Aber nur, | |
| wenn das bei unserem 30-Millionen-Etat wirtschaftlich möglich ist. Wir | |
| wollen nicht enden wie Ulm oder Waldhof, bei denen die Bundesliga der erste | |
| Schritt in die Insolvenz war." | |
| 5 Aug 2011 | |
| ## AUTOREN | |
| Christoph Ruf | |
| ## TAGS | |
| WM 2011 – Mixed Zone | |
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