| # taz.de -- Martin Sonneborn will eine neue Mauer: "Der Rest stirbt aus, alles … | |
| > Die PARTEI will eine neue Mauer zwischen Ost und West. Parteichef Martin | |
| > Sonneborn über Türsteher, Schießbefehle und Arschlöcher im Prenzlauer | |
| > Berg. | |
| Bild: "Es gibt ein psychologisches Grundbedürfnis, sich vom Nachbarn abzugrenz… | |
| Herr Sonneborn, niemand hat die Absicht eine Mauer zu bauen. Außer Ihnen. | |
| Ist das nicht ein bisschen pietätlos, am 50. Gedenktag des Mauerbaus? | |
| Martin Sonneborn: Nein, ganz und gar nicht. Wir freuen uns. Die Bürger | |
| wollen eine Mauer – dann sollen sie die Mauer auch bekommen! | |
| Woher wissen Sie, dass die Bürger eine neue Mauer wollen? | |
| Es gibt doch diese irren Forsa-Umfragen, die besagen, dass mehr als 20 | |
| Prozent der Bürger die Mauer zurück haben wollen, in Berlin sind es jetzt | |
| über 30 Prozent. Und die Zahlen steigen. Geld interessiert die Leute nun | |
| mal. | |
| Was bitteschön hat Geld mit der Mauer zu tun? | |
| Dass unser ganzes schönes Geld in den Osten rübergeschaufelt wird, hat die | |
| Menschen im Westen immer sehr erregt. Wir haben uns dann eben dafür | |
| eingesetzt, dass das Geld, das im Western erwirtschaftet wird, auch im | |
| Westen verbleibt. | |
| Und das geht nur mit einer Mauer? | |
| Naja, nicht nur, aber auch. Das Thema ist immer noch hoch emotional besetzt | |
| – und wird es auch so lange bleiben, wie Deutschland nicht wirklich | |
| zusammengewachsen ist. Das aber wird nie passieren. Es gibt ein | |
| psychologisches Grundbedürfnis, sich vom Nachbarn abzugrenzen. Besonders | |
| vom Ostdeutschen. | |
| Also der Gartenzaun in groß? | |
| Genau. Wir setzen ihn der Globalisierung mit all ihrer Durchlässigkeit und | |
| ihren entfesselten Finanzmärkten entgegen. Und wir sind ja nicht das | |
| einzige Land. Belgien braucht schon lange eine Mauer, Griechenland und | |
| Italien sollten ganz abgetrennt werden vom Rest Europas, die Schweiz | |
| bräuchte gleich drei Mauern. | |
| Ihre Partei hat bisher kein einziges Mandat in irgendeinem Parlament. Es | |
| dürfte ein bisschen schwer werden, Ihre politischen Ziele umzusetzen. | |
| Falsch, wir stellen mit Manual Lindlar einen Stadtrat in Leverkusen. Und | |
| unsere Zustimmungswerte steigen enorm. Wenn es so weitergeht, dann haben | |
| wir es in 10 Jahren geschafft. | |
| Alleine wird es schwer – Sie werden einen Koalitionspartner brauchen. | |
| Wir sprechen mit allen Parteien, die sich als Steigbügelhalter zur | |
| Verfügung stellen. Außer mit der FDP, die sind uns zu unseriös. | |
| Und wenn Sie dann an der Macht sind? | |
| Dann werden wir eine Bürgerbefragung zum Thema Mauerbau durchführen. | |
| Sehr demokratisch. | |
| Klar. Wobei die Demokratie in einigen Ausprägungen stark überschätzt wird. | |
| Wir sind allerdings dankbar, dass die demokratischen Strukturen in diesem | |
| Land uns erlauben, unblutig an die Macht zu kommen. | |
| Sie bewegen sich mit solch demokratiefeindlichen Sprüchen auf dünnem Eis – | |
| wenn man mal bedenkt, dass Parteienverbotsverfahren gerade wieder im Kommen | |
| sind. | |
| Wieso? Wir wollen die Demokratie ja nicht abschaffen, wir wollen nur ein | |
| bisschen daran herumschrauben. Zuallererst wollen wir an die Macht. Dazu | |
| brauchen wir nun mal die Bürger. Wir werden also versuchen, unser | |
| politisches Programm populistisch den Vorstellungen der Bürger anzupassen, | |
| um Stimmen zu bekommen. So läuft das doch, oder? | |
| Nehmen wir mal an, Sie kommen an die Macht und es gibt ein Bürgerbegehren - | |
| wie wird das dann ausgehen? | |
| Es wird wieder eine Mauer geben, ganz klar. Da bin ich mir ziemlich sicher. | |
| Die Zahlen sprechen für sich - und für uns. | |
| Wo genau soll die dann stehen? | |
| Außerhalb von Berlin wird sie dort stehen, wo schon die DDR damals gebaut | |
| hat. das hat sich ja bewährt. In Berlin selbst wollen die Menschen die | |
| Mauer aber an anderer Stelle haben. Um den Prenzlauer Berg herum, zum | |
| Beispiel, weil die Arschlochquote dort extrem hoch ist. Das wäre dann | |
| übrigens auch ein guter Ort für ein Atom-Endlager. | |
| Gibt es schon konkrete Pläne für die optische Umsetzung? Groß? Klein? Dick? | |
| Dünn? | |
| Der Schutzwall wird eindrucksvoller, moderner sein. Eine ästhetisch | |
| ansprechende Mauer, vielleicht aus Glas, mal sehen. Es gibt viele | |
| Möglichkeiten und kaum genaue Pläne. Wir sind mit israelischen Experten im | |
| Gespräch, denn die Mauer soll ja länger halten, als die alte. 28 Jahre und | |
| ein paar Wochen – das reicht nicht. | |
| Und wie wollen Sie verhindern, dass Menschen von West nach Ost oder Ost | |
| nach West kommen? Mit einem Schießbefehl? | |
| Nein, es wird mit uns keinen Schießbefehl geben, sondern einen | |
| Parteiausweis. Die Inhaber des Ausweises können die Mauer passieren, wann | |
| immer sie wollen. Einfach Ausweis vorzeigen und schon geht die Tür auf. | |
| Und alle anderen? | |
| Es wird Türsteher geben, bullige Typen. An denen kommt keiner vorbei. Die | |
| werden alle paar Kilometer an der Mauer stehen. | |
| Das klingt alles nach einem ziemlich teuren Unterfangen. Wer soll das alles | |
| bezahlen? | |
| Sobald wir an der Macht sind, erhalten wir Zugriff auf Unmengen an | |
| Steuergeldern. Das ist ja das Tolle, wenn man Macht hat. Außerdem werden | |
| wir von einigen renommierten Baufirmen unterstützt, z. B. von Mörtel-Paule | |
| aus der Pfalz. Wir zahlen das nicht selbst, wo denken Sie hin | |
| Sie vermischen politische und wirtschaftliche Interessen? Na wunderbar! | |
| Na und? Das hat Hitler auch schon gemacht. Man kann heute ohne die | |
| Großindustrie kaum nach der Macht greifen. Leider gelten wir bei | |
| potentiellen Geldgebern als unseriös. Unseriöser als Hitler. Aus diesem | |
| Grunde wird die Mauer wohl eine Paywall – soll heißen, die Menschen müssen | |
| zahlen, wenn sie auf die andere Seite wollen. | |
| Quasi ein Zoll? Wie teuer wird das? | |
| Teuer – immerhin müssen wir damit ja unseren aufwendigen Lebensstil | |
| finanzieren, große schwarze Elektro-Autos, Frauen, Zigarren, | |
| Voll-Nylon-Anzüge von C&A, eben alles. Man wird schnell korrupt, wenn man | |
| im Amt ist, das sehen Sie ja an den Grünen. | |
| Und hinter der Mauer, kommt da der graue Osten zurück? | |
| Es gibt Leuchttürme, die man erhalten sollte. Teile von Dresden und Leipzig | |
| etwa, von Rostock. Aber der Rest wird platt gemacht, es lohnt sich ja | |
| nicht, Wasser, Elektrizität und Sat1-Versorgung dort aufrecht zu erhalten. | |
| Es ist günstiger, wenn diese Leute in den Westen ziehen, der Rest stirbt | |
| aus, alles gut. | |
| Wie wird Die Partei den Gedenktag der Mauer begehen? | |
| Sehr freudig. Ich bin sicher, dass es nirgendwo so lustig und fröhlich | |
| zugehen wird wie bei uns. Treffpunkt ist am Samstag um 13 Uhr Ecke | |
| Friedrichstraße / Mauerstraße. Und abends in der Kalkscheune, mit der | |
| beliebten Veranstaltung „Trinker fragen – Politiker antworten“. | |
| 12 Aug 2011 | |
| ## AUTOREN | |
| S. Dobmeier | |
| J. Seeliger | |
| ## TAGS | |
| Lübeck | |
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