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# taz.de -- Wahlauftakt der Linkspartei am Mauertag: Drei Linke wollen nicht mi…
> Auf dem Landesparteitag in Mecklenburg-Vorpommern geben die
> regierungswilligen Pragmatiker den Ton an. Derweil reden ein paar
> Antikapitalisten die Mauer schön.
Bild: Pragmatiker unter sich: Dietmar Bartsch gratuliert dem strahlenden Landes…
ROSTOCK taz | Am Samstagmorgen, gleich zu Beginn des Parteitages, versuchte
die Linkspartei den Streit um den Mauerbau mit einem Symbol zu entschärfen.
Die rund hundert Delegierten gedachten schweigend eine Minute lang der
Mauertoten. Doch drei GenossInnen blieben trotzig sitzen, darunter die
Landtagsabgeordnete Marianne Linke. Sie sagte später zu Journalisten, dass
sie am 13. August an den 140. Geburtstag von Karl Liebknecht denke und
nicht an die Mauer.
Die Linkspartei wird den Mauerbau also nicht los, trotz aller Versuche der
Parteispitze, die Wogen zu glätten. Parteichef Steffen Bockhahn betonte,
dass man "aller Maueropfer gedenke". Die Mauer sei nicht durch die
existenzielle Krise, in der sich die DDR 1961 befand, gerechtfertigt. "Der
Zweck darf nie die Mittel heiligen", so der 32-Jährige. Die Linke habe "für
die Mauertoten Verantwortung zu tragen".
Auch Dietmar Bartsch, Vize der Bundestagsfraktion, plädierte scharf für
eine klare Haltung zum Mauerbau. Die Auseinandersetzung mit dem Thema werde
weitergehen. "Wir werden uns auch beim 60. Jahrestag mit der Mauerbau
beschäftigen, und das ist gut so." Bartsch kritisierte die drei, die die
Schweigeminute boykottiert hatten. "Für die Toten erhebt man sich, ohne
Wenn und Aber."
Die Gegenposition zu Bockhahn vertrat der Parteilinke Arnold Schoenenburg,
Ex-PDS-Landesparlamentarier. Zum Mauerbau habe es "keine vernünftige
Alternative" gegeben. Die Selbstaufgabe der DDR habe niemand gewollt, der
Westen ein neutrales, vereinigtes Deutschland verhindert. Damit wiederholte
Schoenenburg im Kern die SED-Rechtfertigung der Mauer, die eine
unvermeidliche Schutzmaßnahme gewesen sei. "Heiligt eine Verhinderung eines
Krieges nicht die Sicherung der Staatsgrenzen?", fragte Schoenenburg.
Der Mauerstreit wurde in Rostock, wie angekündigt, erst mal vertagt. Eine
Konferenz soll eine gemeinsame Haltung erarbeiten – nach der Wahl am 4.
September. Der Disput ist kein Generationsstreit, sondern Ausdruck eines
schroffen Streit zwischen zwei Flügeln: den Pragmatikern um den
selbstbewussten Landeschef Steffen Bockhahn und der Antikapitalistischen
Linken (AKL) um die Landtagsabgeordnete Barbara Borchardt.
In den Landtag werden fast nur Pragmatiker einziehen, so hat es der
Parteitag im April entschieden. Die AKL empfand die Listenaufstellung der
Pragmatiker als Putsch. Die Mauerdebatte ist so unschwer als Racheakt zu
deuten. Warum Bockhahn & Co den Parteitag, der Wahlkampfauftakt ist,
ausgerechnet auf den 13. August legten, ist ein Rätsel. Dass die
Linkspartei beim Mauerbau nicht glänzen kann, war absehbar. Das politische
Votum des Parteitags war indes eindeutig: Bockhahn wurde mit 66,7 Prozent
als Landeschef wiedergewählt – 6 Prozentpunkte mehr als vor zwei Jahren.
Die AKL-Frontfrau Borchardt fiel als Stellvertreterin hingegen glatt durch.
In den Wahlkampf zieht die Linkspartei nun mit betont "realistischen
Forderungen", so ihr spröde-sachlicher Spitzenkandidat Helmut Holter. Im
Leitantrag fordert die Partei ein Vergabegesetz. Nur Firmen, die mindestens
10 Euro Stundenlohn zahlen, sollen öffentliche Aufträge bekommen. Man will
bis 2016 pro Jahr 250 neue Lehrerinnen einstellen und ein kostenloses
Mittagessen für alle Schüler. Der Leitantrag enthält keine Forderung, die
die SPD verschreckt. Mit der will die Linkspartei nämlich eine Koalition
bilden. Die Botschaft aus Rostock ist trotz aller Mauer-Querelen eindeutig.
Die Linkspartei will in Schwerin regieren.
14 Aug 2011
## AUTOREN
Stefan Reinecke
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