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# taz.de -- Kommentar Linke und der Mauerbau: Der Fluch des Pop-Stalinismus
> Niemand hat die Absicht, die Mauer zu rechtfertigen. Aber irgendwer in
> der Linkspartei macht es dann doch immer.
Nein, die Linkspartei/PDS hat das Thema Mauer nicht verdrängt: Historische
Kommissionen haben getagt, Parteitage haben kritische Erklärungen
verabschiedet, Spitzenpolitiker wie Petra Pau haben sie klar verurteilt.
Trotzdem wird die Partei das Thema nicht los – und zwar nicht, wie manche
unterstellen, weil böswillige Medien das so wollen. Das Problem ist
hausgemacht.
Parteichefin Gesine Lötzsch etwa klingt auch 20 Jahre nach Mauerfall noch
immer verdruckst und ausweichend. Provinzpolitiker weisen theatralisch auf
die kriegslüsterne Nato hin, die 1961 den Mauerbau leider alternativlos
gemacht habe. Und das Fundi-Kampfblatt junge welt feierte die Mauer sogar
mit dem Slogan "Danke für 28 Jahre Friedenssicherung" – mit dieser Art
Pop-Stalinismus hat sich die Zeitung als Flügelblatt der Linkspartei
etabliert, das auch bei Lafontaine-Anhängern goutiert wird. Niemand hat die
Absicht, eine Mauer zu rechtfertigen – aber irgendwer macht es dann doch
immer.
Die Linkspartei als Ganzes ist nicht dazu imstande, die Mauer kristallklar
zu verurteilen. Denn wer akzeptiert, dass die SED 1961 nicht nobel den
Weltfrieden, sondern panisch und gewaltsam nur ihre schwindende Macht
rettete, der zweifelt auch, ob die DDR als Ganzes legitim war. Und das wäre
für die Linkspartei dann doch zu viel der historischen Selbstkritik.
Die Linkspartei ist keine totalitäre Gefahr, wie manche CSU-Politiker
glauben machen wollen. Im Alltag hat sie sich als berechenbare,
linkssozialdemokratische Partei erwiesen. Und sie hat einen moralischen
Bonus, weil sie sich für die abgekoppelten Unterschichten engagiert, die
von Rot-Grün lange vergessen wurden.
Doch mit ihrer Unfähigkeit, einen klaren Trennungsstrich zu den
Diktatur-Fans in den eigenen Reihen zu ziehen, läuft sie Gefahr, dieses
moralisches Kapital zu verspielen. So wird sie ihre Anziehungskraft auf das
rot-grüne Milieu verlieren. Und irgendwann in der Bedeutungslosigkeit
versinken.
14 Aug 2011
## AUTOREN
Stefan Reinecke
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