# taz.de -- US-Experte über die LRA in Uganda: "Es werden weiter Menschen entf… | |
> Die für Massaker bekannte ugandische Rebellenarmee LRA hat nur noch | |
> wenige Kämpfer. US-Experte Paul Ronan erklärt, warum sie trotzdem nicht | |
> besiegt wird. | |
Bild: Eine Frau im Kongo, die vor der Lord's Resistance Army in Uganda geflohen… | |
taz: Herr Ronan, die ugandische Rebellenarmee LRA (Lords Resistance Army) | |
wütet seit über 20 Jahren, erst in Norduganda, dann Südsudan und jetzt im | |
Nordosten der Demokratischen Republik Kongo und in der Zentralafrikanischen | |
Republik. In welchem Zustand ist sie heute? | |
Paul Ronan: Wir schätzen die Kampfstärke auf zwischen 150 und 250 Mann, die | |
meisten davon Acholi aus Norduganda. Es gibt auch Kämpfer aus den Gegenden | |
in Kongo, Südsudan und Zentralafrika, wo die LRA Menschen entführt hat. | |
Doch diese werden keine Kommandeure. Es sieht ganz danach aus, dass alle | |
Topkommandeure sich derzeit im Nordosten des Kongo aufhalten. Im Juni hat | |
dort die UNO 53 LRA-Angriffe dokumentiert. Das ist die höchste Zahl für | |
einen Monat seit Juli 2009. Die LRA handelt noch immer strategisch. Die | |
Kämpfer versammeln sich und splitten sich wieder in Kleingruppen auf, um | |
Militäroperationen durchzuführen. | |
Seit Ende 2008 wird aber die LRA im Kongo von Ugandas und Kongos Armeen | |
gejagt. Wie erfolgreich war dies? | |
Am Anfang stand die Bombardierung des LRA-Hauptquartiers im kongolesischen | |
Garamba-Nationalpark durch ugandische Luftstreitkräfte. Das schlug fehl. | |
2009 gelang es, einige hochrangige Kommandeure gefangen zu nehmen oder zu | |
töten. Seit Anfang 2010 gibt es keine solchen Erfolgsmeldungen mehr. | |
Währenddessen hat die LRA aber weiter Kongolesen entführt und zu Kämpfern | |
ausgebildet. Ein Grund: Es gibt Spannungen zwischen der ugandischen und der | |
kongolesischen Armee. | |
Der US-Kongress verabschiedete vor einem Jahr ein LRA-Gesetz. Welche Bilanz | |
würden Sie ziehen? | |
Wir sind enttäuscht. Im November 2010 verabschiedete Obamas Regierung ihre | |
neue LRA-Strategie. Die sah auf dem Papier auch gut aus. Die Idee, Telefone | |
und Radios an die Bevölkerung in Nordostkongo zu verteilen, um ein | |
Alarmsystem zu errichten, ist gut. Aber vor Ort ist das alles noch | |
Zukunftsmusik. Unterdessen gibt es immer mehr LRA-Angriffe. | |
Die USA haben das 391. Bataillon der kongolesischen Armee trainiert, das | |
nun gegen die LRA ins Feld zieht. Welchen Eindruck machen diese Soldaten | |
auf Sie? | |
Ich habe im Nordostkongo mit vielen Menschen geredet. Sie sagen, diese | |
Soldaten seien professioneller, sie vergewaltigen nicht, rauben nicht. | |
Allerdings wurden sie bislang noch in keiner Militäroperation gegen die LRA | |
eingesetzt. | |
Auch die Afrikanische Union will sich an der Jagd beteiligen. | |
Das ist alles noch nicht in trockenen Tüchern. Es gibt ambitionierte Pläne: | |
eine regionale Eingreiftruppe, bessere Koordination, eine Basisstation in | |
Yambio im Südsudan. Aber es gibt noch keinerlei Pläne, wo das Geld dafür | |
herkommen soll oder ob die Kapazitäten der AU dazu ausreichen. Der | |
UN-Sicherheitsrat hat im Juli der AU-Initiative Unterstützung zugesagt. | |
Wenn darauf von Seiten der AU keine Taten folgen, kann sich die | |
internationale Gemeinschaft beruhigt zurücklehnen. | |
Würde es ausreichen, den LRA-Anführer Joseph Kony zu schnappen oder zu | |
töten, um die LRA zu zerstören? | |
Kony ist essenziell für die Identität der LRA als Gruppe. Aber die | |
vergangenen Jahre, als die LRA-Einheiten sich über große Distanzen | |
verstreuten, haben auch gezeigt, dass die ugandischen Kommandeure auch ohne | |
direkten Befehl von Kony operieren können. Der Kern der LRA besteht aus 7 | |
bis 15 ugandischen Kommandeuren. Kony ist der spirituelle Führer. Doch wir | |
wissen nicht, ob er sich nicht einen Nachfolger züchtet. Ich würde sagen, | |
die hohen Kommandeure kämpfen so lange weiter, bis sie selbst getötet | |
werden oder militärisch mit dem Rücken zur Wand stehen. | |
19 Aug 2011 | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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