# taz.de -- Gewalttätige Streiks in Südafrika: Sie wollen 18 Prozent mehr | |
> In Südafrika streiken die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes für | |
> mehr Lohn. Die soziale Ungleichheit wird durch Streiks sichtbar – aber | |
> die wird wohl noch schlimmer. | |
Bild: Immer wieder streiken: hier in Kapstadt. | |
JOHANNESBURG taz | In Südafrikas Städten rollen brennende Mülltonnen durch | |
die Straßen, und überall liegt Abfall verstreut, während Müllabfuhr und | |
Stadtreinigung streiken. | |
Bedienstete des Öffentlichen Dienstes ziehen tanzend und singend durch | |
Südafrikas Städte, ihre Lohnforderungen tragen sie auf Plakaten vor sich | |
her: 18 Prozent. | |
Der Gewerkschaft Samwu (South African Municipal Workers Union) ist klar, | |
dass sie in den Verhandlungen mit den Lokalregierungen nie das erreicht, | |
was sie anstrebt. Aber sie will auf keinen Fall mit einstelligen Zahlen | |
hantieren. Die Arbeitnehmer sind oft jahrelang nur mit Zeitverträgen | |
ausgestattet, verdienen schlecht, und selbst Festangestellte sind durch | |
drohende Privatisierung und Umstrukturierungen im öffentlichen Dienst | |
großen Unsicherheiten ausgesetzt. "Kein Wunder, dass die Mehrheit unserer | |
Leute ärgerlich und frustriert ist", argumentiert die Gewerkschaft. | |
Aber Samwu verurteilt die hässlichen Ausschreitungen bei den Streiks in | |
dieser Woche. Besonders Kapstadt ist ins Zentrum des Chaos gerückt, als | |
streikende Arbeiter durch die Hauptstraße Adderley Street zogen und dabei | |
nicht nur Mülltonnen in Brand setzten, sondern auch Scheiben einschlugen | |
und Geschäfte plünderten. Straßenhändler versuchten vor den Demonstranten | |
zu flüchten, aber viele Stände wurden einfach mitgerissen. Die Polizei | |
setzte Wasserwerfer ein, um die aufgebrachten Protestanten zu vertreiben. | |
"Kriminelle Elemente" in ihren eigenen Reihen will die Gewerkschaft | |
bestrafen. Zudem wisse sie, dass die verdreckten Straßen der Streiktage | |
wieder gereinigt werden müssten. Aber angesichts der Gemeindevorsteher und | |
Bürgermeister, die sich fette Gehälter einstreichen, seien ihre Forderungen | |
nach einem ordentlichen Lohn gerechtfertigt. Ein niedrig bezahlter Müllmann | |
verdient ungefähr 430 Euro im Monat. Gut bezahlte Stadtregenten verdienten | |
angeblich 29-mal so viel im Monat. Die Lokalregierungen wollen allerdings | |
nur 6 Prozent mehr Lohn für die Stadtreiniger zahlen. | |
## Streiks sind in Südafrika keine Seltenheit | |
Die soziale Ungleichheit der südafrikanischen Gesellschaft spiegelt sich | |
deutlich wider in regelmäßigen Streikwellen. Es droht die Gefahr, dass die | |
Wirtschaft in den nächsten 18 Monaten fast eine halbe Million Arbeitsplätze | |
verlieren wird. Dabei hat Südafrika bereits eine Million Jobs während der | |
globalen Rezession verloren. Die Arbeitslosigkeit liegt offiziell bei 26 | |
Prozent, tatsächlich jedoch bei rund 40 Prozent. | |
Obwohl sich die Rekordhöhe des derzeitigen Goldpreises für Südafrika | |
positiv auswirken sollte, sieht es in der Realität nicht rosig aus: Die | |
Produktion in den Goldbergwerken sinkt seit Jahren, aber Südafrika ist | |
dennoch der viertgrößte Goldproduzent weltweit. Allerdings sind die | |
Golderze in immer tieferen Erdschichten zu finden, was die Abbaukosten | |
erhöht. Damit wird Südafrika weniger wettbewerbsfähig gegenüber anderen | |
Ländern. | |
Unzufriedene Bergleute könnten auch in den nächsten Tagen die Streikwellen | |
verstärken. Letzte Woche kam es vereinzelt zur Arbeitsniederlegungen bei | |
einigen Bergbaubetrieben. Die Bergbaugewerkschaft fordert 14 Prozent mehr | |
Lohn. AngloGold Ashanti, eines der größten Unternehmen, bietet 9 Prozent, | |
während von anderen Betrieben Angebote zwischen 7 und 8 Prozent auf dem | |
Tisch liegen. Gewerkschaftssprecher Lesiba Seshoka: "Wir sind Welten | |
entfernt." Die jüngsten Zahlen zeigten, dass die Profite der | |
Bergbaugesellschaften in Südafrika weiter wüchsen. "Der Grund für die | |
zurückgehende Produktion ist schlechtes Management." | |
18 Aug 2011 | |
## AUTOREN | |
Martina Schwikowski | |
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