# taz.de -- Streik in Südafrika: Bergleute wollen "Berge versetzen" | |
> Eine Streikwelle lähmt die Kohle-, Gold- und Diamantenminen Südafrikas. | |
> Die Bergarbeitergewerkschaft verlangt Lohnerhöhungen und einen | |
> Mindestlohn von 600 Euro. | |
Bild: Verlangen mehr Lohn: streikende Bergleute nahe Johannesburg. | |
JOHANNESBURG taz | Mehr als 400.000 Bergleute in Südafrika sind gestern in | |
den Streik getreten. Mit dem Ausstand, der sich ab heute auf das ganze Land | |
ausdehnen soll, will die Bergarbeitergewerkschaft NUM Lohnerhöhungen von 14 | |
Prozent in den Kohlegruben und 15 Prozent in den Diamanten- und Goldminen | |
durchsetzen. Die Arbeitgeber bieten bisher 7,5 beziehungsweise 8 Prozent. | |
Man verlange wahlweise 14 Prozent Lohnerhöhung oder einen Mindestlohn von | |
monatlich 5.500 Rand (600 Euro), je nachdem, was mehr bringt, sagt | |
NUM-Sprecher Lesiba Seshoka. 155.000 Bergleute im Kohlebergbau und in den | |
Diamantenminen seien seit Mittwoch im Ausstand, über 250.000 | |
Goldminenarbeiter sollten sich am Donnerstag dazu gesellen. Betroffen seien | |
alle großen Bergbauunternehmen des Landes. "Die NUM nimmt die Arroganz | |
insbesondere des Diamantengiganten De Beers und der Goldfirma Harmony Gold | |
zur Kenntnis und warnt sie, dass Hochmut vor dem Fall kommt und dass Gold | |
und Diamanten zusammen mit ihrer Arroganz ihren Glanz verlieren werden", so | |
der Sprecher weiter. | |
Analysten erwarten, dass der Streik den ohnehin von Rekord zu Rekord | |
eilenden Goldpreis weiter in die Höhe treibt - am Mittwoch lag er bei 1.628 | |
US-Dollar pro Feinunze. Auch die Diamantenförderung Südafrikas boomt: De | |
Beers verkaufte im ersten Halbjahr 2011 15,5 Millionen Karat im Wert von | |
3,8 Milliarden Dollar. Der NUM-Verhandlungsführer bei De Beers, Peter | |
Bailey, gibt sich siegesgewiss: "Wir versetzen sonst auch Berge. De Beers | |
ist ein kleiner Fisch in einem sehr großen Teich." | |
## Projekt Verstaatlichung | |
Die Tarifverhandlungen bei De Beers waren am Mittwoch gescheitert. Das | |
Angebot von 7,5 Prozent sei "völlig inakzeptabel", so Bailey. "Letztes Jahr | |
einigten wir uns auf 9,5 bis 10 Prozent, jetzt sagt man uns, dass 7,5 | |
Prozent plus eine Einmalzahlung von 2.500 Rand (280 Euro) ausreichen." Der | |
Gewerkschafter verweist auf eine Inflationsrate von 4,6 Prozent und eine | |
Preiserhöhung des staatlichen Stromriesen Eskom von 31 Prozent. Ein | |
zweiwöchiger Streik im Treibstoffsektor, der viele Tankstellen in Gauteng | |
und KwaZulu-Natal zur Schließung zwang, endete gestern mit Lohnerhöhungen | |
von 8,5 bis 10 Prozent. | |
Die Auseinandersetzung dürfte die Debatte um die Zukunft des | |
südafrikanischen Bergbaus anheizen. Nach wie vor fordert der linke Flügel | |
des regierenden ANC (Afrikanischer Nationalkongress) die Verstaatlichung | |
der großen Bergbaufirmen. Julius Malema, der umstrittene Führer der | |
ANC-Jugendliga, erinnert daran, dass dies Bestandteil der | |
ANC-Gründungscharta "Freedom Charter" aus dem Jahr 1955 sei. "Die | |
Freiheitscharta ruft zur Verstaatlichung auf. Das lässt eine klare | |
Interpretation zu: Wir müssen verstaatlichen", so Malema. Bisher gehört | |
Verstaatlichung aber nicht zur Regierungspolitik. Die ANC-Jugendliga ist | |
allerdings auf Parteikosten nach Simbabwe, Venezuela, China, Tansania und | |
Libyen gereist, um unterschiedliche Modelle der Verstaatlichung zu | |
studieren. | |
29 Jul 2011 | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
ANC-Jugend gegen Südafrikas Staatschef: Kampf der Generationen | |
"Hände weg von unserem Präsidenten." Anhänger des ANC-Jugendchefs Malema | |
randalieren in Johannesburg, während gegen ihn ein Disziplinarverfahren | |
beginnt. | |
Gewalttätige Streiks in Südafrika: Sie wollen 18 Prozent mehr | |
In Südafrika streiken die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes für mehr | |
Lohn. Die soziale Ungleichheit wird durch Streiks sichtbar – aber die wird | |
wohl noch schlimmer. | |
Pogrome in Südafrika: Vogelfrei in den Townships | |
Eine neue Welle von Gewalt gegen Ausländer erschüttert schwarze | |
Armenviertel. Aufgebrachte Schlägertrupps wüten in Dörfern und steinigen | |
einen Simbabwer. |