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# taz.de -- NATO-Krieg in Libyen: Indirekt im Kriegseinsatz
> Im Streit über den Einsatz deutscher Soldaten im Libyen-Krieg droht
> Ströbele mit Verfassungsklage. Das Verteidigungsministerium weist die
> Auffassung als "rechtsirrig" zurück.
Bild: Ein Krieg mit dem Deutschland nichts zu tun hat? Weit gefehlt.
GENF taz | Wenn die Bundesregierung nicht einlenkt, dann "müsste
gegebenenfalls erneut das Bundesverfassungsgericht die Rechtslage klären",
kündigte der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele am Freitag indirekt
seine Klage in Karlsruhe an. Tags zuvor war durch eine Antwort des
Bundesverteidigungsministeriums auf eine kleine Anfrage des
Grünen-Abgeordneten erstmals bekannt geworden, dass elf Bundeswehrsoldaten
unter anderem an der Auswahl von Bombenzielen der Nato in Libyen beteiligt
sind.
Die elf deutschen Soldaten in der Nato-Kommandozentrale in Neapel und im
norditalienischen Poggio Renatico gehören zu einem Kontingent von insgesamt
250 Militärs aus verschiedenen Nato-Staaten, die das Brüsseler
Hauptquartier Mitte März als Verstärkung angefordert hatte. Sie sollen die
inzwischen über 9.000 Luftangriffe auf Ziele in Libyen koordinieren.
Nach Einschätzung Ströbeles ist Deutschland mit den elf Soldaten "aktiv" am
Krieg beteiligt, ohne Mandat des Bundestages. Der hätte der Entsendung der
elf Soldaten in die Nato-Kriegsführungszentralen vorab zustimmen müssen.
Verteidigungsminister Thomas de Maizière hatte diese Auffassung als
"rechtsirrig" zurückgewiesen und hinzugefügt: "andernfalls können wir aus
der Nato austreten".
## Verteidigungsminister: Mitarbeit selbstverständlich
Laut Darstellung des Ministers sind "die Mitarbeit in Nato-Stäben und die
Bereitstellung von Infrastruktur für den Einsatz selbstverständlich und
bedürften auch keines Bundestagsmandats". Das sei auch durch die
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gesichert. Ein konkretes
Urteil konnte der Minister allerdings nicht nennen.
Tatsächlich existiert bislang kein Spruch des Verfassungsgerichts, der in
der Frage der Zustimmungspflicht des Bundestages differenziert. Es wird
nicht unterschieden zwischen dem unmittelbaren bewaffneten Kampfeinsatz
deutscher Bodentruppen, Marineverbänden oder Bomberpiloten im Kriegsgebiet
oder dessen Luftraum einerseits und einer indirekten Beteiligung außerhalb
des Kriegsgebiets andererseits - sei es in Kommandoeinsatzzentralen,
Aufklärungsflugzeugen, bei der Nachschubversorgung der kämpfenden Einheiten
oder sonst wo.
In zumindest politischem Widerspruch zur Darstellung des Ministers steht
auch die Tatsache, dass die Bundesregierung deutsche Soldaten aus
Awacs-Aufklärungsflugzeugen der Nato im Mittelmeerraum sowie deutsche
Schiffe aus dort kreuzenden Nato-Verbänden abgezogen hatte, um nicht mit
der Libyen-Mission in Berührung zu kommen.
## Deutsche Beteiligung ursprünglich klar abgelehnt
Denn die Bundesregierung hatte sich bei der Abstimmung über den
Libyen-Kriegseinsatz Mitte März im UNO-Sicherheitsrat enthalten. Deshalb
wurde selbst eine Beteiligung deutscher Soldaten an der Sicherung
humanitärer Versorgungslieferungen für libysche Flüchtlinge in den
Nachbarländern abgelehnt.
Vor diesem Hintergrund kritisierte die SPD-Fraktion die Bundesregierung.
"Die jetzt bekannt gewordene Beteiligung deutscher Soldaten bei der Auswahl
militärischer Ziele in Libyen entlarvt die großspurigen Ankündigungen von
Außenminister Westerwelle, sich unter keinen Umständen am Libyen-Einsatz zu
beteiligen, als Farce", erklärte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende
Gernot Erler.
Die verfassungsrechtlichen Bedenken des Grünen-Abgeordneten Ströbele teilt
die SPD allerdings nicht. An Operationen der Nato seien "immer deutsche
Soldaten in irgendeiner Form beteiligt, ob mit oder ohne Bundestagsmandat",
erklärte der verteidigungspolitische Fraktionssprecher Rainer Arnold. Ein
eventuelles neues Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu dieser Frage hält
der SPD-Politiker für politisch irrelevant: "Das Verfassungsgericht würde
uns nicht zwingen können, die Nato mehr oder minder zu blockieren."
19 Aug 2011
## AUTOREN
Andreas Zumach
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