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# taz.de -- Krieg in Libyen: Kampf um Tripolis beginnt
> Die Anti-Gaddafi-Rebellen haben bei blutigen Kämpfen Teile der Hauptstadt
> Tripolis unter ihre Kontrolle gebracht. Nun wird spekuliert, Gaddafi sei
> auf der Flucht Richtung Algerien.
Bild: Die Rebellen haben den Kampf um Tripolis aufgenommen.
TRIPOLIS dpa/dapd | Ein halbes Jahr nach Beginn des Aufstandes in Libyen
hat der Kampf um Tripolis begonnen. Bei blutigen Kämpfen brachten die
Rebellen in der Nacht zum Sonntag nach eigener Darstellung Teile der
Hauptstadt unter ihre Kontrolle. Dies sagte ein Rebellensprecher dem
Nachrichtensender BBC. "Die Rebellen in Tripolis haben sich erhoben", sagte
ein Mitglied des nationalen Übergangsrats der Aufständischen dem
Nachrichtensender Al-Dschasira. Zuvor hatten die Rebellen die Stadt Zlitan,
160 Kilometer östlich von Tripolis, in ihre Gewalt gebracht.
Der zuletzt immer stärker bedrängte Machthaber Muammar al-Gaddafi meldete
sich während der Gefechte mit einer im staatlichen Fernsehen übertragenen
Audiobotschaft zu Wort. Er bezeichnete die Rebellen als "Verräter" und
"Ratten" und beschuldigte sie, Libyen zerstören zu wollen. Gaddafi-Sohn
Saif al-Islam erklärte in einer aufgezeichneten Rede, die am frühen
Sonntagmorgen vom libyschen Fernsehen verbreitet wurde, sie würden nicht
aufgeben. Am Sonntagmittag meldete die Nachrichtenagentur dpa hingegen,
Gaddifi habe die Hauptstadt Richtung algerische Grenze verlassen. Aus gut
informierten Kreisen in Tripolis verlautete am Sonntag, der Staatschef und
seine Familie hielten sich in einer Region unweit der Grenze auf. Ihr Plan
sei es möglicherweise, nach Algerien zu flüchten. Eine Bestätigung für
diese Nachricht vonseiten der Rebellen gab es zunächst nicht.
Die Rebellen belagerten am Sonntag nach eigenen Angaben den Gebäudekomplex
von Gaddafi in Tripolis. Der arabische Fernsehsender Al Arabija berichtete,
die Aufständischen hätten Dutzende von Soldaten Gaddafis gefangen genommen.
Doch auch die Aufständischen erlitten hohe Verluste.
## Mehr als 100 Aufständische sterben
Allein bei den Gefechten im Stadtviertel Tadschura kamen nach Angaben eines
Rebellenführers laut Al-Dschasira mindestens 123 Aufständische ums Leben.
Auch in anderen Teilen von Tripolis soll es Tote gegeben haben. Neben
Tadschura kontrollierten die Regimegegner nach eignen Angaben auch das
Viertel Souk al-Dschumaa.
Wie ein Rebellensender berichtete, hätten die Kämpfer auch die Kontrolle
über ein Waffendepot und den Internationalen Flughafen von Tripolis
übernommen. Der Vorsitzende des Übergangsrates, Mustafa Abdul Dschalil,
sagte Al-Dschasira, dass alle Aktionen vorbereitet und koordiniert seien.
Der Sprecher der libyschen Regierung, Mussa Ibrahim, bestätigte die
Zusammenstöße in der Hauptstadt. Sie seien jedoch nach etwa einer halben
Stunde unter Kontrolle gebracht worden. "Tripolis ist friedlich und
vollständig unter Kontrolle der Armee", sagte er laut Al-Dschasira gegen
Mitternacht (Ortszeit).
## Sarkozy "will nur unser Öl"
Gaddafi rief seine Anhänger auf, in Massen die monatelange Rebellion zu
beenden. Er betonte, dass die Rede nicht aufgezeichnet war, sondern live
gehalten wurde und nannte als Beweis dafür das aktuelle Datum und die
Uhrzeit. Die europäischen Länder bezichtigte er, hinter dem libyschen Öl
her zu sein. Der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy "will unser
Öl", sagte Gaddafi.
Der Übergangsrat der Rebellen hatte in den vergangenen Monaten mehrfach
erklärt, für die Eroberung von Tripolis setzte man auf den "Kollaps des
Regimes" und die Unterstützung durch "geheime Zellen" von Sympathisanten in
Tripolis. In den vergangenen Tagen hatten die Rebellen auf ihrem Vormarsch
nach Tripolis große Geländegewinne erzielt. Im Osten stehen ihre Truppen
rund 40 Kilometer von der Hauptstadt entfernt.
Auch wirtschaftlich zeigen die internationalen Sanktionen gegen Libyen und
das Vordringen der Rebellen auf die Hauptstadt Wirkung. Den Banken in
Tripolis geht das Geld aus. Staatsangestellte bekommen derzeit keine
Gehälter mehr ausgezahlt. "Seit Donnerstag haben wir kein Geld mehr und wir
wissen auch nicht, wann sich das ändern wird", sagte ein Bankangestellter
in Tripolis am Samstag der dpa. Treibstoff und andere Güter sind schon
länger knapp.
## Frühere Nummer zwei des Regimes flüchtet
Darüber hinaus gehen Gaddfi die Gefolgsleute aus. Die frühere Nummer zwei
des libyschen Regimes hat sich nach Angaben der tunesischen
Nachrichtenagentur TAP offenbar abgesetzt und ist nach Italien
weitergereist. Abdel Salam Dschallud sei vom Flughafen der Insel Dscherba
aus nach Italien gestartet, hieß es am Samstag. Den Aufständischen in
Libyen zufolge hat sich der frühere Ministerpräsident von Staatschef
Muammar al Gaddafi losgesagt.
Dschallud hatte Gaddafi bei dessen Putsch 1969 maßgeblich unterstützt. Er
war zwei Jahrzehnte lang der engste Vertraute des Staatschefs, bis beide
sich in den 90er Jahren zerstritten.
21 Aug 2011
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