# taz.de -- Kommentar zum Libyen-Krieg: Ausnahmsweise mal etwas Richtiges tun | |
> Zur finalen "Schlacht um Tripolis" muss es nicht kommen. Gaddafi hat | |
> jetzt seine vermutlich letzte Chance, einmal etwas Richtiges zu tun: | |
> abzutreten oder das Land zu verlassen. | |
Bild: Rebellen in Bengasi bei einer Beerdigung. | |
Die psychologische Dimension der neuen Gefechte am Rande von Tripolis kann | |
gar nicht überschätzt werden: Ein halbes Jahr nach dem Beginn des ersten | |
friedlichen Protests gegen Muammar al-Gaddafi ist es erstmals zu Kämpfen in | |
einigen Vierteln der libyschen Hauptstadt gekommen. | |
Selbst wenn die Rebellen in der Vergangenheit eroberte Städte nicht immer | |
halten konnten, sieht es nun so aus, als würden sie zusammen mit der Nato | |
doch die Oberhand gewinnen. Aus Sicht des Übergangsrats in Bengasi hat | |
bereits die "Stunde null" begonnen. | |
Sehr ermutigend für die Rebellen ist auch, dass sich seit vergangener Woche | |
drei Führungsfiguren des Regimes ins Ausland abgesetzt haben. Möglich, dass | |
weitere ihre Exitstrategie bereits organisieren. In einem Strategiepapier | |
hatten die Rebellen eher auf eine Implosion des Systems als auf einen | |
militärischen Sieg gesetzt. Doch ohne das Engerziehen des Kreises um | |
Tripolis wäre es vermutlich nicht zu den jetzt so wichtigen | |
Absetzbewegungen, Kämpfen und Demonstrationen in der Hauptstadt gekommen. | |
Trotzdem muss es zur finalen "Schlacht um Tripolis" nicht kommen. Nach | |
Jahrzehnten einer finsteren Diktatur, nach all dem von ihm zu | |
verantwortenden Leid und den vielen, vielen Toten der vergangenen Monate | |
hat Gaddafi jetzt seine vermutlich letzte Chance, wenigstens einmal etwas | |
Richtiges zu tun für Libyen: indem er abtritt oder das Land verlässt und | |
damit den Konflikt in seiner jetzigen Form beendet. | |
Schon kursiert eine - unbestätigte - Meldung, Gaddafi habe sich mit seiner | |
Familie in Richtung algerischer Grenze abgesetzt. Sinn machen würde das | |
durchaus. Dank des "arabischen Frühlings" scheiden die Nachbarstaaten | |
Ägypten und Tunesien als Aufnahmeländer aus naheliegenden Gründen aus; mit | |
dem Tschad hatte er in jungen Jahren einen Krieg vom Zaun gebrochen, und | |
der Niger ist, im Gegensatz zu Algerien, Mitglied des Internationalen | |
Strafgerichtshofs. Der hat einen internationalen Haftbefehl gegen Gaddafi | |
ausgestellt. | |
In der südalgerischen Wüste hingegen könnte Gaddafi den Rest seines Lebens | |
- zum Beispiel bei einem befreundeten Stamm - verbringen. Das böte ihm | |
Gelegenheit, sich in einem einfachen, traditionellen Umfeld zur Ruhe zu | |
setzen, von dem er in seinem teils autobiografischen Essay-Band schon 1993 | |
so geschwärmt hat. | |
21 Aug 2011 | |
## AUTOREN | |
Beate Seel | |
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