# taz.de -- Kampf um Libyens Hauptstadt: "Wir werden den Sieg erringen" | |
> Über eine Audio-Botschaft versichert Machthaber Gaddadfi, er sei noch in | |
> Tripolis. Doch die Rebellen sind mittlerweile tief in die Hauptstadt | |
> eingedrungen und sollen den Flughafen erobert haben. | |
Bild: Rauch über den Dächern von Tripolis. | |
TRIPOLIS/ISTANBUL dpa | Die Entscheidungsschlacht um Tripolis hat begonnen. | |
Nach nächtlichen Kämpfen zwischen Aufständischen und Regierungstruppen gab | |
es am Sonntag in mehreren Stadtvierteln heftige Gefechte. Im Laufe des | |
Tages drangen die Rebellen nach Berichten von Augenzeugen immer weiter in | |
die Hauptstadt vor. Nach Spekulationen über seine Flucht aus Tripolis | |
meldete sich Machthaber Muammar al-Gaddafi am Abend im Staatsfernsehen zu | |
Wort und rief die Libyer dazu auf, die Hauptstadt bis zum letzten | |
Blutstropfen zu verteidigen. | |
Gaddafi wandte sich in einer vom Fernsehen ausgestrahlten Audio-Botschaft | |
an die Menschen; selbst war er nicht zu sehen. Wie der arabische | |
Nachrichtensender Al-Dschasira berichtete, versicherte Gaddafi, er sei noch | |
in Tripolis, und seine Truppen würden niemals aufgeben. "Wir werden den | |
Sieg erringen", rief er und beschwor seine Anhänger, von überall her in die | |
Hauptstadt zu kommen und bis zum letzten Blutstropfen zu kämpfen. | |
Zuvor hatte es Spekulationen gegeben, der bedrängte Machthaber habe die | |
Hauptstadt bereits in Richtung algerische Grenze verlassen. Aus gut | |
informierten Kreisen in Tripolis verlautete, er halte sich mit seiner | |
Familie in einer Region unweit der Grenze auf und werde vom Al-Orban-Stamm | |
beschützt. Eine Bestätigung für die Nachricht von der Flucht Gaddafis aus | |
Tripolis gab es zunächst aber nicht - weder von den Rebellen noch von | |
algerischer Seite. | |
## Domizil von General umzingelt | |
Augenzeugen berichteten, am Sonntag hätten die Rebellen in Tripolis den | |
internationalen Verkehrsflughafen eingenommen sowie den Militärflughafen | |
Mitiga. Gaddafi-Anhänger hätten den Stadtteil Tadschura, in dem die | |
Rebellen bereits in der Nacht die Kontrolle übernommen hatten, mit | |
Mörsergranaten beschossen. | |
Auch das große Viertel Souk al-Dschumaa werde inzwischen von den Rebellen | |
beherrscht. Anwohner hörten in der Nacht auch Schüsse und Luftangriffe der | |
Nato. Aus gut unterrichteten Kreisen hieß es, die Rebellen hätten das Haus | |
von General Al-Chwaildi Al-Hmeidi, einem engen Vertrauten Gaddafis, im | |
Stadtteil Al-Andalus umzingelt. Rebellen berichteten, sie hätten ein | |
Gefängnis gestürmt und Tausende politische Häftlinge befreit. | |
Im Laufe des Sonntags bekamen die Aufständischen Verstärkung aus ihren | |
Hochburgen Misrata und Slitan in Tripolis. Nach Augenzeugenberichten trafen | |
Rebellen auf dem Seeweg in der libyschen Hauptstadt ein, um dort in die | |
Kämpfe einzugreifen. Von Osten her seien Aufständische auch auf dem Landweg | |
weiter auf Tripolis vorgerückt und ständen nur noch etwa 27 Kilometer vor | |
den Toren der Stadt, hieß es. | |
## Merkel hofft auf schnelle Aufgabe Gaddafis | |
Die USA rechnen damit, dass Gaddafis Tage nunmehr gezählt sind. "Das | |
libysche Volk verdient eine gerechte, demokratische und friedliche | |
Zukunft", sagte der stellvertretende Regierungssprecher Josh Earnest am | |
Sonntag. Präsident Barack Obama hält sich nach seinem Angaben auch im | |
Urlaub ständig über die Entwicklung in Libyen auf dem Laufenden. Zudem sei | |
man mit dem Nationalen Übergangsrat in Libyen in engem Kontakt. | |
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) rief Gaddafi auf, die Macht schnell | |
abzugeben. "Es wäre gut, wenn er möglichst schnell aufgibt, um | |
Blutvergießen zu vermeiden", sagte Merkel am Sonntag im | |
ZDF-"Sommerinterview". Außenminister Guido Westerwelle erklärte: "Jeder | |
Tag, den Oberst Gaddafi früher das Land verlässt, ist ein guter Tag für | |
Libyen und für das libysche Volk." | |
Das libysche Fernsehen hatte in der Nacht eine vorab aufgezeichnete Rede | |
von Gaddafis Sohn Seif al-Islam ausgestrahlt. Darin sagte dieser, es sei | |
ausgeschlossen, dass er und sein Vater das Land verlassen würden. In einer | |
während der Gefechte im staatlichen Fernsehen übertragenen Audiobotschaft | |
nannte Gaddafi die Rebellen "Verräter" und "Ratten". Die europäischen | |
Länder und namentlich Frankreich bezichtigte er, hinter dem libyschen Öl | |
her zu sein. | |
## Nato greift 22 Ziele in Tripolis an | |
Der arabische TV-Sender Al Arabija berichtete, die Aufständischen hätten | |
Dutzende Soldaten Gaddafis gefangen genommen. Doch auch die Aufständischen | |
erlitten hohe Verluste. Allein bei den Gefechten im Stadtviertel Tadschura | |
kamen nach Angaben eines Rebellenführers laut Al-Dschasira mindestens 123 | |
Aufständische ums Leben. | |
Der Vorsitzende des Übergangsrates, Mustafa Abdul Dschalil, sagte | |
Al-Dschasira, dass alle Aktionen vorbereitet und koordiniert seien. Die | |
Nato hatte ihre Kampfeinsätze am Samstag stark auf Libyens Hauptstadt | |
konzentriert. Die Kampfjets der internationalen Truppen hätten allein in | |
Tripolis 22 Ziele angegriffen, berichtete die Nato am Sonntag in Brüssel. | |
Ein kanadischer Nato-Sprecher erklärte, die Angriffe seien nicht mit den | |
Rebellen abgestimmt. "Wir reduzieren die militärische Stärke der | |
Pro-Gaddafi-Truppen", sagte Oberst Roland Lavoie. "Die Opposition hat das | |
zu ihrem Vorteil genutzt." Die Nato schwäche die Fähigkeit der | |
Gaddafi-Truppen, Zivilisten anzugreifen. | |
Attackiert wurden demnach Militäreinrichtungen, Lagerhallen, gepanzerte | |
Fahrzeuge, Raketen und Raketenwerfer sowie Radarsysteme. Insgesamt habe die | |
Nato am Samstag 36 Kampfeinsätze über Libyen geflogen. Neben Tripolis griff | |
das Bündnis auch Ziele in Sirte, Al-Brega und Slitan an. | |
21 Aug 2011 | |
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