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# taz.de -- Arbeitskampf der Lehrer: Beamten-Streikverbot auf Prüfstand
> Lehrer müssen Buße für Streik zahlen. Aber es ist nur noch eine Frage der
> Zeit, bis das Verfassungsgericht das generelle Streikverbot für Beamte
> aufhebt.
Bild: Berliner Lehrer-Demo im vergangenen Jahr. Für beamtete Lehrer ist Streik…
FREIBURG taz | LehrerInnen dürfen in Deutschland - noch - nicht streiken.
Das entschied jetzt das Verwaltungsgericht Osnabrück. Das bestehende
Streikverbot könne nur vom Bundesverfassungsgericht aufgehoben werden. Ein
solcher Schritt dürfte aber nur noch eine Frage der Zeit sein, denn der
Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) schließt ein generelles
Streikverbot für alle Beamten aus.
Geklagt hatten zwei Lehrer aus Nordhorn. Sie hatten im Februar 2009 während
der laufenden Tarifrunde an einem eintägigen Warnstreik der
Lehrergewerkschaft GEW teilgenommen. Wie bei einem Streik üblich, wurden
sie für diesen Tag nicht bezahlt. Zusätzlich wurde ihnen aber noch eine
Geldbuße von je 100 Euro aufgebrummt. Gegen diese Buße klagten die Lehrer.
Sie beriefen sich auf ein Urteil des EGMR vom April 2009. In einem Fall aus
der Türkei hatte der Straßburger Gerichtshof entschieden, dass
Streikverbote für BeamtInnen sich aus deren konkreter Funktion ergeben
müssen.
Die Straßburger Richter beriefen sich dabei auf die Europäische
Menschenrechtskonvention. Dort sind Einschränkungen der Gewerkschaftsrechte
nur für "Angehörige der Streitkräfte, der Polizei oder der
Staatsverwaltung" vorgesehen. Ein generelles Streikverbot für alle Beamten
verstoße gegen die Konvention.
## Schon jetzt wird kein Bußgeld mehr verhängt
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat die Straßburger Entscheidung bereits
umgesetzt. Im Dezember 2010 entschieden die dortigen Richter, dass
streikende BeamtInnen zwar immer noch gegen ihre Dienstpflichten verstoßen.
Ein Bußgeld könne wegen der EGMR-Rechtsprechung aber in Deutschland nicht
mehr verhängt werden.
So weit wollte das Verwaltungsgericht Osnabrück in seinem Urteil nicht
gehen. Das Straßburger Urteil widerspreche "dem Kernbestand des
Grundgesetzes", sagte der Vorsitzende Richter Ulrich Schwenke. Deshalb
könne nur das Bundesverfassungsgericht den streikenden Lehrern
weiterhelfen.
Das Streikverbot für BeamtInnen steht weder im Grundgesetz noch in den
Beamtengesetzen. Allerdings sind im Grundgesetz die "hergebrachten
Grundsätze des Berufsbeamtentums" besonders geschützt. Hierzu gehört auch
das Streikverbot für Beamte. Dies jedenfalls hat das
Bundesverfassungsgericht seit den 1950er Jahren immer wieder entschieden.
## Beamte sollen sich politisch mäßigen
Als Grund für das Streikverbot wird genannt, dass die Bezüge der BeamtInnen
nicht mit den Gewerkschaften ausgehandelt werden, sondern per Gesetz
festgelegt werden. Auch sonst gelten für Beamte viele Besonderheiten. Sie
können nicht gekündigt werden, haben einen rechtlichen Anspruch auf
angemessene Bezahlung, müssen sich aber politisch mäßigen.
Die GEW fordert dennoch ein Streikrecht für Beamte. Während der Tarifrunden
der Beschäftigten im öffentlichen Dienst könnten die Beamten sich dafür
einsetzen, dass das angestrebte Verhandlungsergebnis später auch für sie
übernommen wird.
## Undemokratisch, sagt die GEW
Das Streikverbot für BeamtInnen sei "unzeitgemäß und vordemokratisch",
sagte jetzt Ilse Schaadt, die bei der GEW für Angestellten- und
Beamtenpolitik zuständig ist. Beamte dürften nicht weiter "nach
Gutsherrenart" behandelt werden.
Das Osnabrücker Urteil ist - wie die Entscheidung aus Düsseldorf - noch
nicht rechtskräftig. Die GEW will die Betroffen durch alle Instanzen
finanziell unterstützen. Letztlich wird wohl tatsächlich das
Bundesverfassungsgericht oder sogar der Gerichtshof für Menschenrechte
entscheiden müssen.
19 Aug 2011
## AUTOREN
Christian Rath
Christian Rath
## TAGS
Beamte
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