# taz.de -- Reform der Pflegeversicherung: Beiträge sollen steigen | |
> "Gute Pflege gibt's nicht zum Nulltarif", sagt Gesundheitsminister Bahr. | |
> Doch wie genau der Beitragssatz erhöht werden soll, darüber herrscht | |
> Uneinigkeit in der Koalition. | |
Bild: Wie machen wir's? Noch fehlen Eckpunkte der Pflegereform. | |
BERLIN taz | Versicherte müssen sich auf höhere Beiträge in der | |
Pflegeversicherung einstellen. Die steigende Zahl pflegebedürftiger | |
Menschen in einer alternden Gesellschaft lasse keinen anderen Schluss zu, | |
sagte Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) am Montag in Berlin: | |
"Kein Politiker wird die demografische Entwicklung wegreformieren können", | |
so Bahr, und: "Gute Pflege gibt's nicht zum Nulltarif." Bahr bekräftigte | |
damit die Absicht der schwarz-gelben Koalition, die 1995 eingeführte | |
Pflegeversicherung zu reformieren. | |
Es gehe nicht bloß darum, den Beitragssatz der bestehenden | |
umlagefinanzierten Pflegeversicherung (derzeit 1,95 Prozent des | |
Bruttoeinkommens, für Kinderlose 2,2 Prozent) zu erhöhen, sagte Bahr. | |
Vielmehr besteht die FDP auf der Einführung eines individuellen, | |
obligatorischen Kapitalstocks als zweite Säule in der Pflegeversicherung. | |
Wie genau diese Kapitaldeckung aussehen soll und ob und mit welchen | |
Leistungen Versicherte rechnen dürfen, ließ Bahr allerdings offen. | |
Entsprechende "Eckpunkte" werde er im September vorlegen. | |
Damit geht der innerkoalitionäre Streit um die Ausgestaltung der Reform in | |
eine weitere Runde. Niemand weiß, wie die inhaltlich durchaus berechtigten | |
Versprechen des Ministers - bessere Leistungen für Demente, Abkehr von der | |
Minutenpflege, mehr Unterstützung pflegender Angehöriger sowie höhere | |
Attraktivität des Pflegeberufs - finanziert werden sollen. Während der | |
CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn darauf pocht, "Geld zurückzulegen, um | |
auch in 30 Jahren eine gute Pflege bezahlen zu können", hält die CSU die | |
individuelle Kapitaldeckung für Unfug. "Dazu gibt es noch keine Einigung", | |
sagte CSU-Pflegeexperte Johannes Singhammer. | |
Die kapitalgedeckte Säule wird von der Opposition und von Sozialverbänden | |
wegen ihrer sozialen Ungerechtigkeit abgelehnt. Auf Distanz gehen selbst | |
grundsätzliche Verfechter einer Kapitaldeckung (siehe Interview) - wegen | |
des hohen Verwaltungsaufwands und geringer Effizienz. Als Alternative | |
gelten Erhöhungen des allgemeinen Beitragssatzes. Dadurch würden auch die | |
Arbeitgeber zur Finanzierung mit herangezogen. CSU-Chef Horst Seehofer | |
plädiert dafür, mehr Pflegeleistungen über Steuern zu finanzieren. Das | |
Ministerium geht davon aus, dass die derzeitigen Pflegereserven bis 2014 | |
reichen. | |
22 Aug 2011 | |
## AUTOREN | |
Heike Haarhoff | |
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