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# taz.de -- Edel-Bergbau in Rumänien: Gold oder Leben
> 300 Tonnen Gold will eine Bergbaufirma in Rosia Montana in Rumänien
> fördern - per Zyanid-Verfahren. Der giftige Dreck würde im Ort
> verbleiben.
Bild: Edelmetalle sind nicht alles: Protestaktion in Rosia Montana.
SAKADA taz | "Bergbau: Die einzige Chance für Rosia Montana!" So empfängt
ein Banner der Goldminen-Befürworter dieser Tage BesucherInnen in dem
malerischen Ort in den Westkarpaten, irgendwo zwischen Cluj und Alba Iulia.
Angestellte der Rosia Montana Gold Corporation (RMGC), ehemalige
GrundstücksbesitzerInnen und mehrere Vereine demonstrieren für den
Goldtagebau.
Der Gemeinderat untersagt seit der Ausweisung des Ortes als Industriegebiet
vor zehn Jahren jegliche Alternativen zum Bergbau: keine Pension kann
gebaut, keine landwirtschaftliche Invesition getätigt werden. Viele
Menschen haben ihren Grund und Boden schon vor vielen Jahren der RMGC
verkauft und sich einen Arbeitsplatz bei der Firma erhofft. Nun sitzen sie
in Häusern, die ihnen nicht mehr gehören, oft ohne den erwarteten
Arbeitsplatz und ohne Chance auf andere Einkommensmöglichkeiten.
Sie hatten nicht mit Widerstand gerechnet, der nun seit über zehn Jahren
die Zerstörung von Rosia Montana verhindert. Auch wenn die RMGC mit
aufwändigen Restaurierungsprojekten dem Abbau von geschätzten 300 Tonnen
Gold ein grünes Gesicht geben möchte - am Ende bliebe ein musealer Ortsrest
unterhalb eines 185 Meter hohen Damms, der 300 Millionen Kubikmeter
zyanidhaltige Abfälle beinhalten würde und in dem der Ortsteil Corna
verschwinden wird.
Wegen des Zyanid-Verfahrens hat auch Ungarn Einwände gegen das Projekt.
Laut der internationalen Espoo-Konvention müssen sich Regierungen
informieren, wenn große Projekte jenseits der Staatsgrenze Einflüsse auf
die Umwelt haben könnten. Entscheidend für den Widerstand ist aber die
lokale Bürgerinitiative.
## von 1.000 auf 60 geschrumpft
Im Jahr 2000 schlossen sich Einwohner des Ortes im Verein "Alburnus Maior"
(so der lateinische Name) zusammen, die ihre Häuser nicht der RMGC
verkaufen wollten. Waren es zu Beginn fast 1.000 Mitglieder, so sind heute
noch etwa 60 im Verein aktiv. Sie sind eindeutig in der Minderheit, pochen
aber auf ihr Eigentumsrecht. Das soll nun per Gesetz ausgehebelt werden.
Nachdem eine Gesetzesvorlage in aller Stille bereits den rumänischen Senat
passiert hat und von den relevanten Kommissionen für gut geheißen wurde,
soll sie im September dem Abgeordnetenhaus zur Abstimmung vorgelegt werden.
"Ich bin nicht verängstigt, ich bin empört!" sagt Eugen David, Bauer und
Vorsitzender von Alburnus Maior. Denn der Gesetzentwurf sieht unter anderem
vor, Inhabern von Schürfrechten auch gleich das Recht auf Enteignung
zuzugestehen. Die RMGC könnte dann einen selbst bestimmten Schätzpreis für
ein Grundstück oder Haus auf ein Sperrkonto überweisen. Die so bereits
enteignete Person würde vor Gericht nur noch über die Höhe der
Entschädigung streiten.
Alburnus Maior hat die Firma bereits Dutzende Male vor Gericht gezerrt und
über 60 Prozesse gewonnen. Doch den GegnerInnen des Projekts schlägt mit
dem neuen Gesetz nun ein härterer Wind entgegen. Vor kurzem entzog das
Bukarester Kultusministerium den archäologischen Funden in den umliegenden
Bergen mit ihren aus der Römerzeit stammenden Stollengängen seinen Schutz.
Auch Präsident Basescu unterstützt mittlerweile offen das Gold-Projekt.
## EU-Monitoring
Aus Sicht von Stefania Simion, Rechtsberaterin der Kampagne stellt sich die
Situation so dar: "Offensichtlich handelt es sich um ein Gesetz, um die
Goldmine in Rosia Montana durchzuboxen und dabei kein anderes Gesetz
respektieren zu müssen. Das ist eine brutale Verletzung unserer Verfassung,
die das Recht auf Eigentum und die Gleichheit der Menschen vor dem Recht
garantiert."
Daher soll versucht werden, die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzentwurfes
vor Gericht prüfen zu lassen. Auch auf europäischer Ebene soll dringend für
Öffentlichkeit gesorgt werden - schließlich ist Rumänien wegen seiner
fragwürdigen Rechtsstaatlichkeit noch immer einem EU-Monitoring
unterworfen.
Beim FânFest hat sich gezeigt, dass die Projekt-GegnerInnen bereit sind,
sich über das zentrale Anliegen der Kampagne hinaus Fragen zu stellen, die
in Rumänien durchaus als heikel zu betrachten sind. Sich beispielsweise für
die Romabevölkerung einzusetzen, wird für gewöhnlich mit unverhohlener
Ablehnung honoriert.
So war die Vorführung des Films "Unsere Schule" von Mona Nicoara über die
behördlich sanktionierte Ausgrenzung von Roma-Kindern ein mutiger Schritt.
Das Publikum in Rosia Montana zeige ein neues Gesicht des Landes, so die
Regisseurin: "Dies ist ein Publikum mit Interesse an sozialem Wandel,
verantwortlichem Umgang mit Rumäniens Menschen und Reichtümern, auch für
künftige Generationen."
23 Aug 2011
## AUTOREN
Joachim Cotaru
## TAGS
Schwerpunkt Coronavirus
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