# taz.de -- IT-Unternehmen und Patente: Die Kleinen können nicht mithalten | |
> Googles Motorola-Übernahme hat gezeigt, dass Patente in der | |
> Software-Branche zu "juristischen Waffen" werden. Das Wettrüsten der | |
> Technologie-Konzerne erreicht eine neue Stufe. | |
Bild: Feier zum 125. Jubiläum des ersten Patents von Carl Benz. | |
NEW YORK dapd | Patente sind in der Technologie-Branche ein Machtfaktor. | |
Bei der Motorola-Übernahme durch Google wurde dies gerade erst mehr als | |
deutlich. Für den Suchmaschinen-Anbieter war es der teuerste Aufkauf in der | |
Unternehmensgeschichte - 12,5 Milliarden Dollar (8,7 Milliarden Euro) | |
legten die Kalifornier für den in die Krise geratenen Handyhersteller auf | |
den Tisch. | |
Der hohe Preis hat nach Einschätzung von Experten vor allem einen | |
Hintergrund: das von Motorola gehaltene Portfolio aus mehr als 17.000 | |
Mobilfunk-Patenten. "Google kauft Motorola nicht wegen dessen Technologie | |
oder wegen dessen Entwicklungsabteilung", sagt der Branchen-Experte James | |
Bessen von der Boston University. "Patente sind zu einer 'juristischen | |
Waffe' geworden und stehen nicht mehr in erster Linie für Ideen." | |
Konkret dürfte es für Google vor allem darum gehen, sein von Patentklagen | |
bedrängtes Smartphone-Betriebssystem Android zu stärken. Die Ausweitung des | |
eigenen Portfolios könnte gegenüber Konkurrenten wie Apple und Microsoft | |
als Abschreckung wirken. | |
Im vergangenen Jahr starteten Apple und Microsoft im Bereich der | |
Smartphone-Patente einen regelrechten juristischen Feldzug. In der | |
Bewertung der Lizenzen kam es daraufhin zu einer Blase. Mit der | |
Motorola-Übernahme dehnte sich diese auf ein neues Höchstmaß aus. | |
Experten gehen zwar davon aus, dass spätestens mit der endgültigen | |
Abwicklung des Geschäfts wieder etwas Luft aus dieser Blase weichen wird. | |
Ein wesentliches Problem für die gesamte Branche dürfte allerdings weiter | |
bestehen bleiben. | |
## Kleine Unternehmen bleiben außen vor | |
Die Auseinandersetzungen um die Patente binden innerhalb der Unternehmen | |
Ressourcen, die an anderer Stelle wesentlich effektiver eingesetzt werden | |
könnten. Viele hoch spezialisierte Ingenieure verbringen ihre Zeit mit der | |
aufwendigen Anmeldung von Patenten, anstatt neue Sachen zu erfinden - oder | |
aber, sie sind damit befasst, funktionierende Produkte abzuändern, nur um | |
Klagen zu vermeiden. | |
Für kleine, weniger finanzstarke Software-Entwickler kann diese | |
gegenwärtige Überbewertung der Patente schnell auch das Aus bedeuten. "Wenn | |
man 12,5 Milliarden Dollar bezahlen muss, um mitzuspielen, dann kann man | |
sich vorstellen, dass sich jemand auch mit einer großartigen Idee leicht | |
entmutigen lässt", sagt Julie Samuels von der Organisation Electronic | |
Frontier Foundation, die sich für Bürgerrechte im Cyberspace einsetzt. "Es | |
betrifft die gesamte Wirtschaft." | |
Bis Mitte der 80er Jahre spielten Patente in der Software-Branche kaum eine | |
Rolle. Nach und nach erkannten große Konzerne wie Texas Instruments oder | |
IBM aber das Potenzial. Zunehmend versuchten sie, auf diesem Wege weiteren | |
Profit aus ihren Entwicklungen zu schlagen. In der Folge kam es zu einer | |
Art Wettrüsten. | |
## Aufrüstung zur Abschreckung | |
Wie sich herausstellte, war der einzige wirksame Schutz gegen eine Flut von | |
Klagen der, sich ein eigenes "Patente-Arsenal" zur Abschreckung aufzubauen. | |
"Verklagst du mich, dann verklage ich dich" - das ist auch die Botschaft, | |
die von der Motorola-Übernahme durch Google ausgeht. | |
Durch diese Art des Aufrüstens halten sich die großen Spieler der | |
Technologie-Branche gegenseitig in Schach. Eine zusätzliche Gefahr geht für | |
Unternehmen wie Google, Apple oder Microsoft allerdings von weitgehend | |
unabhängigen Parteien aus. | |
Colleen Chien von der University of California bezeichnet diese als | |
"Patente-Geister" - Unternehmen, die Patente besitzen, ohne selbst etwas zu | |
entwickeln oder zu produzieren. Gegen sie hätten sich selbst "große Berge | |
an eigenen Patenten" als unwirksam erwiesen, da mögliche Gegenklagen für | |
diese Akteure keine Abschreckung seien. | |
23 Aug 2011 | |
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