| # taz.de -- Enthüllungen über Ingvar Kamprad: Ikea-Gründer war aktiver Nazi | |
| > Ingvar Kamprad engagierte sich stärker bei den Nazis als bislang bekannt. | |
| > Geheimdienstakten zufolge warb er Mitglieder für die Nazi-Organisation | |
| > SSS. | |
| Bild: Kamprad vor Ikea, dem "multikulturellen Unternehmen", wie der Konzern nun… | |
| STOCKHOLM taz | 1943 waren Ingvar Kamprads politische Aktivitäten dem | |
| damaligen schwedischen Verfassungsschutz so verdächtig, dass die Behörde | |
| die Post des späteren Gründers der Möbelhauskette Ikea kontrollieren ließ. | |
| Ergebnis: Der damals 17-Jährige sei ein aktiver Nazi, Mitglied in der als | |
| nazistisch eingestuften SSS und habe für diese Organisation Mitglieder | |
| geworben. Nach eigener Aussage - aus vom Geheimdienst geöffneten Briefen - | |
| verwende er viel Zeit und Kraft für diese Politarbeit. | |
| Kamprads braune Vergangenheit war nach entsprechenden | |
| Medienveröffentlichungen 1994 bekannt geworden. Die aktive | |
| SSS-Mitgliedschaft war es bislang nicht. Sie wird in einem demnächst | |
| erscheinenden Buch dokumentiert, das auch belegt, dass Kamprads Kontakte zu | |
| einem führenden Nationalsozialisten noch lange nach Kriegsende | |
| fortbestanden und er diesen auch heute noch bewundert. | |
| "Ich war Nazi", hatte Kamprad 1994 als Reaktion auf die ersten | |
| Veröffentlichungen und einen Boykottaufruf gegen Ikea in einem offenen | |
| Brief gestanden: Es sei der größte Fehler seines Lebens gewesen. Allerdings | |
| habe er mehr mit den europäischen Faschisten sympathisiert, "mehr mit | |
| Mussolini als mit dem anderen Kerl". In einem TV-Interview meinte er 2008, | |
| es sei wohl passender, ihn als ehemaligen Faschisten, nicht als Nazi zu | |
| titulieren: Es sei die "kooperative Idee" gewesen, die ihn gereizt habe. | |
| ## Kamprad verschwieg SSS-Engagement | |
| Eine Selbsteinschätzung, die zu seiner bis jetzt unbekannten SSS-Arbeit gar | |
| nicht passen will. "Das ist eine offen nazistische Bewegung gewesen", sagt | |
| die Buchautorin und Fernsehjournalistin Elisabeth Åsbrink. Sie hält es für | |
| "seltsam", dass Kamprad nicht selbst darüber berichtet habe. Habe er doch | |
| nach den ersten Enthüllungen gesagt, er wolle alles auf den Tisch legen und | |
| sich dafür entschuldigen. | |
| Bekannt gewesen war bislang nur Kamprads Mitgliedschaft in der | |
| nationalsozialistischen Organisation Nysvenska Rörelsen des Per Engdahl. | |
| Und anders als von Kamprad selbst dargestellt, sei dies alles andere als | |
| "eine jugendliche Verwirrung in der Zeit des Siegeszugs Hitlers" gewesen, | |
| meint Åsbrink aufgrund von ihr ausgegrabener Dokumente. Kamprads | |
| Begeisterung für Engdahl habe bis weit nach Kriegsende angehalten. | |
| 1950 schreibt er in einem Brief an Engdahl, er sei stolz, zum Kreis der | |
| Nysvenska zu gehören. Engdahl hatte nach dem Krieg vielen Nazigrößen zur | |
| Flucht nach Südamerika verholfen, wurde eine führende Gestalt in der | |
| europäischen neonazistischen Szene und versuchte, diese in einer | |
| paneuropäischen Bewegung zu einigen. Von Åsbrink im vorigen Jahr nach | |
| seinem Verhältnis zu Engdahl befragt, antwortete Kamprad: "Dass er ein | |
| großer Mensch war, daran werde ich festhalten, solange ich lebe." | |
| ## "Jeder weiß, dass Ikea multikulturell ist" | |
| Für Daniel Poohl, Chefredakteur der antirassistischen schwedischen | |
| Zeitschrift Expo, ist das "sehr schwerwiegend": Jeder habe das Recht auf | |
| einen Irrtum und eine zweite Chance. Aber hier habe man einen Unternehmer, | |
| der "eine führende Persönlichkeit des schwedischen Faschismus feiert". | |
| Kamprad wollte sich am Mittwoch nicht persönlich äußern. Sein Sprecher Per | |
| Heggenes meinte, Ikeas Image werde davon nicht beeinflusst werden: "Jeder | |
| weiß, dass Ikea ein multikulturelles Unternehmen ist." | |
| 24 Aug 2011 | |
| ## AUTOREN | |
| Reinhard Wolff | |
| Reinhard Wolff | |
| ## TAGS | |
| Ikea | |
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