Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Großprojekt des ZDF: Rehauge auf schroffen Klippen
> Der Mehrteiler "Wilde Wellen - Nichts bleibt verborgen" (20.15 Uhr, ZDF)
> verknüpft Schmonzette mit Melodram, Krimihandlung und Druidenesoterik.
Bild: "Wenn die Zeiten einmal dunkel sind, dann dauert es lange, bis es wieder …
Hanns Zischler ist ein großer Schauspieler. Man denke an die herrlich
zynische Darstellung des fränkischen Landtagsabgeordneten Geißhofer in
Helmut Dietls "Kir Royal". Zischler stand auch für István Szabó, Claude
Chabrol, Steven Spielberg und viele andere namhafte Regisseure vor der
Kamera. Man darf annehmen, dass er mit all seiner Erfahrung ein Filmprojekt
anhand des Drehbuchs zu beurteilen vermag. Aber er ist eben ein
Pragmatiker.
In einem "Wilde Wellen" getauften Großprojekt des ZDF stellt Zischler einen
Tontauben schießenden Provinz-Tycoon dar, über dessen Vergangenheit und auf
dessen Seele ein fernsehfilmtypisch dunkles Geheimnis lastet. Die
Filmhandlung spielt einmal nicht in Italien und auch nicht in Schweden,
diesmal dürfen deutsche Schauspieler Franzosen mimen und einander "Bonjour"
sagen. Und die Drehbuchautorin, die auch schon mal Inga Lindström heißt,
firmiert unter ihrem Taufnamen Christiane Sadlo.
Sie hat sich alle Mühe gegeben, einen einigermaßen verwickelten - man
könnte auch sagen: abstrusen - Plot zu überkonstruieren, der Schmonzette
mit Melodram mit Krimihandlung mit Druidenesoterik verknüpft. Oder, wie es
der ZDF-Pressetext so hübsch berauscht formuliert: "Zwei
Familienschicksale, die miteinander verwoben werden zu einem großen, an
dessen Ende hoffnungsvoll die Liebe stehen möge, die das Erlebte
verarbeitet und vereint."
Erst mal aber wird die Polizistin Marie in Paris angeschossen, der besorgte
Paul (Johannes Zirner) kümmert sich um sie, beide ahnen nicht, dass Marie
gerade einen Mordanschlag auf Paul vereitelt hat. Es ist nur einer von
vielen erstaunlichen Zufällen, dass beide sich bald in demselben
malerischen Ort an der bretonischen Küste wiederfinden, dessen dramatische
Inszenierung eines Leuchtturms auf einem Felsen es mit jeder
"Jever"-Reklame aufnehmen kann. Marie wird gespielt von Henriette
Richter-Röhl, deren Rehaugen Eingeweihte aus "Marienhof" und "Sturm der
Liebe" kennen. Wer jene Programme verfolgt hat, wird auch "Wilde Wellen" zu
schätzen wissen. Aber nur der.
Diese Art Schund ist in einer Weise indiskutabel, dass es im Grunde nicht
mal lohnt, sich zu ärgern. Obwohl: Wenn man bedenkt, dass das ZDF gleich
vier Teile davon drehen musste; und sich überlegt, dass mit dem gleichen
Geld also eine schöne kleine Serie hätte produziert werden können oder auch
vier Filme, darunter vielleicht ein guter, oder doppelt so viele "Kleine
Fernsehspiele"; wenn man all das in Betracht zieht - dann kann man sich
schon ärgern.
Oder einfach resignieren und dem weisen Schäfer recht geben, der im Film
ständig auf den Klippen steht, auf die wilden Wellen schaut und Dinge sagt
wie: "Wenn die Zeiten einmal dunkel sind, dann dauert es lange, bis es
wieder hell wird."
25 Aug 2011
## AUTOREN
Jens Müller
## ARTIKEL ZUM THEMA
Improvisationsdrama im ZDF: Auf der Hinterbühne
Eine Schauspielschule am Abgrund: "Unten Mitte Kinn" (Montag, 0.00 Uhr) im
ZDF ist ein Grenzgänger zwischen der fiktionalen und der "dokumentarischen"
Filmform.
Öffentlich-rechtliches Fernsehen: Immer Ärger mit dem Schunkelsender
Nach dem Kika-Skandal plagt den MDR ein neuer Betrugsverdacht. Was bei
einer Anhörung herauskam, bleibt unter Verschluss – und so kursieren
Spekulationen.
Duell zwischen "Bild" und ARD: Rache im Kleinen
Straft die "Bild"-Zeitung in ihren TV-Tipps die ARD ab? Geht es um die
"Tagesschau-App"? Die Zahlen sagen: ja.
ZDF-Serie: Ein Traum von einem Landarzt
Nachtrag zur Landärzte-Debatte: Dr. Jan Bergmann ist seit Frühjahr 2009 der
dritte ZDF-"Landarzt". Er lebt, wie die echten Hausärzte auf dem Land, für
Dankbarkeit.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.