# taz.de -- Folgen Hochschulreform: Sicherheit statt Abenteuer | |
> Ziel verfehlt: Nach der Bologna-Reform steigt die Zahl der | |
> Auslandsaufenthalte von Studenten nicht. Sie haben dafür schlicht zu | |
> wenig Zeit. | |
Bild: Hörsaal-Hocker: aus Zeitnot verharren viele Studenten in der Heimat. | |
BERLIN taz | Zur Bologna-Konferenz im Mai hatte Bundesbildungsministerin | |
Annette Schavan (CDU) noch verkündet, dass es immer mehr Studenten mit | |
Bachelor ins Ausland zieht. Nun wird sie von den eigenen Beratern | |
korrigiert. Gemessen an der Zahl aller Studierenden ist der Anteil der | |
Kommilitonen mit Auslandserfahrungen nämlich nahezu konstant geblieben und | |
in einigen Fächern sogar gesunken. | |
Das zeigt eine Studie der Hochschul-Informations-System GmbH (HIS) im | |
Auftrag des Bundesbildungsministeriums und des Deutschen Akademischen | |
Austauschdienstes. Ein zentrales Versprechen der europaweiten | |
Studiengangsreform - nämlich die Mobilität der Studierenden zu fördern - | |
ist also noch nicht eingelöst. | |
Das HIS hat nach 2007 und 2009 zum dritten Mal rund 14.000 Studierende zu | |
ihren Auslandserfahrungen befragt. Für Bachelor-Studierende an | |
Universitäten registrierten die Wissenschaftler ein anhaltend niedriges | |
Mobilitätsniveau. Nur jeder sechste BA-Student absolviert demnach einen | |
studienbezogenen Auslandsaufenthalt. | |
## Unterschiede zwischen den Fächern | |
Es gibt allerdings große Unterschiede zwischen den Fächern. So sank die | |
Reisefreude von angehenden Mathematikern und Naturwissenschaftlern an allen | |
Hochschulen seit 2007 von 25 auf 17 Prozent. Dagegen geht inzwischen jeder | |
dritte Wirtschaftswissenschaftler während des Studiums ins Ausland. Als | |
Grund für ihr Desinteresse nannte über die Hälfte der Daheimgebliebenen, | |
das würde sie zu viel Zeit kosten. Tatsächlich berichtet ein Drittel der | |
Zurückgekehrten über Zeitverluste im Studium. | |
HIS-Forscher Ulrich Heublein macht für solche Hinderungsgründe auch die | |
strafferen Abläufe in den Bachelorstudiengängen verantwortlich. "Wenn wir | |
mehr Mobilität wollen, müssen wir neue Antworten finden." Die Hochschulen | |
könnten etwa Zeitfenster für Studierende öffnen, die für Praktika und | |
Studiensemester an auswärtigen Partnerhochschulen reserviert seien, schlägt | |
Heublein vor. Die Politik wiederum müsste das Signal an die Hochschulen | |
senden, dass sechs Semester Regelstudienzeit nicht gesetzt seien. | |
Gemäß der Studie steigt die Reiselust der Studierenden nämlich, je mehr | |
Zeit sie fürs Studium haben. Ein Drittel der Bachelor-Studierenden an Unis, | |
die die reguläre Studiendauer von sechs Semestern überschreiten, berichtet | |
über Auslandserfahrungen. Ein ebenso hoher Anteil wie unter allen | |
Studierenden, die in weiterführende Master-Studiengänge eingeschrieben | |
sind. | |
25 Aug 2011 | |
## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Regelstudienzeiten bei Studierenden: Wenige sind rechtzeitig fertig | |
Die wenigsten Studenten schaffen es, das Studium in der vorgeschriebenen | |
Zeit abzuschließen. Insbesondere Diplom-Studierende tun sich schwer. | |
Universitäten und die Bologna-Reformen: Notwendiges Übel | |
Begeisterte Studierende? Stoff weglesen, Stundenpläne abarbeiten, Punkte | |
sammeln - Tania hat keinen Bock mehr auf Uni. Drei Tage im studentischen | |
Alltag. | |
Studieren im Ausland: Hauptsache weg | |
Immer mehr StudentInnen entscheiden sich für eine Universität im Ausland - | |
und das meistens nicht nur für ein Semester. Hoch im Kurs: Österreich und | |
die Niederlande. | |
Debatte Bildungspolitik: Kultusminister, geht einfach! | |
Was hat die Politik Druck gemacht: Macht schneller Abitur, studiert | |
schneller! Aber sie selbst kriegt nicht einmal die Studienplatzvergabe hin. | |
Institutsgründung an Berliner Unis: Wissen von der Deutschen Bank | |
Die Privatwirtschaft soll Verantwortung an den Unis übernehmen, fordert die | |
Bundesregierung. Wie weit die inzwischen reicht, zeigt ein bislang geheimer | |
Vertrag. | |
Zweite nationale Bolognakonferenz: Master wird Chefsache | |
Bildungsministerin Schavan (CDU) kündigt zusätzliche Masterstudienplätze | |
an. Studierende fordern indes ein gemeinsames Bundeszulassungsgesetz. | |
Studie zu Plänen von Bachelorabsolventen: Studierende wollen Chef werden | |
Drei von vier Bachelor-Studierenden planen, nach dem Abschluss einen Master | |
zu machen. Das zeigt eine Studie im Auftrag der Bundesregierung. |