# taz.de -- Steuerpolitik der Grünen: Kritik am Spitzensteuersatz | |
> Wieviel Steuern muten die Grünen Gutverdienern zu? | |
> Wirtschaftspolitikerinnen der Fraktion protestieren gegen einen höheren | |
> Spitzensteuersatz von 49 Prozent. | |
Bild: Lacoste die Welt? Ist mir Rolex. Doch den Grünen ist eine Reichensteuer … | |
BERLIN taz | Bei den Grünen regt sich Widerstand gegen den Plan, | |
Gutverdiener stärker zu belasten. Die Grünen-Abgeordneten Kerstin Andreae | |
und Christine Scheel wenden sich in einem Papier, das der taz vorliegt, | |
gegen einen Spitzensteuersatz von 49 Prozent. Wer bei Unternehmen | |
Existenzgründungen und kreativen Reichtum fördern wolle, "ist klug beraten | |
Luft zum Atmen zu lassen", schreiben sie. Aus wirtschaftspolitischer Sicht | |
empfehle sich ein "sensibler Umgang" mit Belastungen, sonst würde | |
Investitionskraft geschmälert. | |
Andreae ist die wirtschaftspolitische Sprecherin, Scheel die | |
Mittelstandsbeauftragte der Fraktion. Beide sind für einen | |
Spitzensteuersatz von 45 Prozent, der im Moment grüne Beschlusslage ist. | |
Ihre Kritik richtet sich gegen Fraktionschef Jürgen Trittin. Er wirbt | |
derzeit dafür, GutverdienerInnen angesichts hoher Staatsverschuldung | |
stärker zu belasten. Im Falle einer Regierungsbeteiligung ab 2013 will | |
Trittin einen Spitzensteuersatz von 49 Prozent durchsetzen. | |
Eine Kommission der Grünen-FraktionschefInnen aus Bund und Ländern hatte | |
jüngst die Steuerpolitik der Partei durchgerechnet, unter dem Strich blieb | |
ein Milliardendefizit. Im Moment liegt der Satz bei 42 Prozent. Eine | |
Anhebung auf 45 Prozent brächte Einnahmen von 2,4 Milliarden Euro, die auf | |
49 Prozent immerhin 6,2 Milliarden. Die Fraktion wird sich in ihrer | |
Klausurtagung ab heute mit dem Thema beschäftigen. | |
"Wer Haushalte sanieren und künftige Generationen nicht unnötig belasten | |
will, kommt um ein Maßnahmebündel von Einsparungen, Subventionsabbau und | |
Einnahmesteigerungen nicht herum", sagte Trittin der taz. "Sonst kommen wir | |
nie von der enormen Neuverschuldung runter, die auch 2012 bei knapp 30 | |
Milliarden Euro liegen wird." Der Spitzensteuersatz treffe deutlich weniger | |
als zehn Prozent der Steuerpflichtigen. "Hierbei gilt: Wer viel verdient, | |
soll auch viel zum Gemeinwesen beitragen." | |
Andreae und Scheel halten dagegen, dass drei Viertel der Firmen | |
Personenunternehmen sind, bei denen der Eigentümer selbst haftet. "Ohne | |
diese Unternehmen ist die ökologische Modernisierung der Wirtschaft nicht | |
zu bewältigen." Ihre Gewinne würden aber durch Spitzensteuersatz und die - | |
ebenfalls geforderte - Vermögensabgabe doppelt belastet. Unter Ex-Kanzler | |
Helmut Kohl hatte der Spitzensteuersatz noch bei 53 Prozent gelegen, SPD | |
und Grüne senkten ihn in ihrer Regierungszeit radikal ab. | |
30 Aug 2011 | |
## AUTOREN | |
Ulrich Schulte | |
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