# taz.de -- Kommentar Folgen des Libyenkonflikts: Es droht ein libyscher Fläch… | |
> Die Maghreb-Staaten, Europa und die USA müssen jetzt schnell und | |
> effizient zusammenarbeiten. Schaffen sie es nicht, droht in Nordafrika | |
> ein gefährlicher Flächenbrand. | |
Der Libyenkrieg war nie eine rein libysche Angelegenheit, ganz unabhängig | |
von den Nato-Luftangriffen. Ihre Inspiration holten die libyschen | |
Aufständischen bei den erfolgreichen Revolutionären der Nachbarländer | |
Tunesien und Ägypten. | |
Jetzt setzen sich hohe Vertreter der gestürzten Gaddafi-Elite in das | |
Nachbarland Algerien ab, und auch weitere Länder wie Mali und Niger | |
fürchten die Schockwellen des Libyenkonflikts. Es ist durchaus denkbar, | |
dass sich Gaddafi-Anhänger jenseits der libyschen Grenzen neu sammeln, | |
entweder militärisch oder als dubiose Geschäftemacher. | |
Das ist eine beängstigende Entwicklung. Die Sahelregion ist ohnehin schon | |
ein Hort von Instabilität, Rückzugsgebiet von radikalen Anhängern al-Qaidas | |
und ein kaum kontrollierbarer rechtsfreier Raum. Die Staaten sind schwach, | |
Warlords und Geschäftemacher können ungebremst agieren. | |
Je länger sich die endgültige Klärung der Machtfrage in Libyen hinzieht, | |
desto tiefer rutscht dieses Land in den Sog dieser Zustände hinein. Das, | |
und nicht angebliche Stammeskonflikte in Libyen selbst, ist die größte | |
Gefahr für den Erfolg der libyschen Revolution. | |
Es gibt genügend abschreckende Beispiele aus Afrika für die Kreisläufe der | |
Gewalt, die sich ergeben können, wenn gestürzte Regierungen aus | |
Nachbarländern weiter gegen ihre Nachfolger kämpfen und jeder Staat ein | |
Faustpfand gegen seine Nachbarn in Form von Rebellen hält. Wenn | |
Flüchtlingsbewegungen, Waffenströme und grenzüberschreitende | |
Solidarisierungen sich schneller und intensiver entwickeln als die | |
Kooperation der Demokraten, wächst das Risiko eines Flächenbrandes. | |
So erscheint eine stärkere und entschlossenere Hilfestellung von außen für | |
die demokratischen Kräfte in Nordafrika und im Sahel dringender denn je. | |
Man muss dafür keine neuen komplizierten Dinge erfinden. Mechanismen der | |
Zusammenarbeit zwischen den Maghreb-Staaten, Europa und den USA bestehen | |
längst. | |
Sie wurden allerdings zur Terrorbekämpfung und Flüchtlingsabwehr entwickelt | |
und dienten bisher vor allem dazu, Diktatoren bei der Repression und bei | |
der Abschottung zu helfen. Jetzt müssen sie neu konzipiert werden, als | |
Strukturen der Förderung neuer politischer Ordnungen unter Beteiligung der | |
Bevölkerungen. Der Nationalrat in Libyen und die Übergangsregierungen in | |
Tunesien und Ägypten sollten dabei zu privilegierten Partnern Europas | |
werden. | |
30 Aug 2011 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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