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# taz.de -- Atomausstieg in Deutschland: Verzicht auf Reserve-Reaktor
> Alle acht abgeschalten AKWs bleiben vom Netz. Mögliche Engpässe sollen
> mit Kohle und Gas überbrückt werden. Atomkraftgegner feiern das Aus für
> Biblis.
Bild: Auch nicht ganz sauber: Kohlekraftwerke sollen AKWs ersetzen.
BERLIN taz |Nun ist es offiziell: Alle acht deutschen Atomreaktoren, die
nach der Katastrophe von Fukushima abgeschaltet wurden, bleiben dauerhaft
vom Netz. Ein Reserve-AKW, für das sich vor allem die FDP stark gemacht
hatte, sei nicht notwendig, entschied die Bundesnetzagentur am Mittwoch.
Die Behörde war von der Bundesregierung beauftragt worden zu prüfen, ob die
Stromversorgung auch nach dem Abschalten von acht AKWs jederzeit gesichert
ist. "Es bleibt uns erspart, ein Kernkraftwerk zu reaktivieren", sagte der
Leiter der Netzagentur, Matthias Kurth. Allerdings bleibe die Situation
"angespannt".
Um gegen mögliche Engpässe bei der Stromversorgung in den nächsten zwei
Wintern zu verhindern, setzt die Behörde auf bestehende Kohle- und
Gaskraftwerke als sogenannte Kaltreserve. Fünf Anlagen in Mainz, Mannheim,
Ensdorf, Karlsruhe und München sollen insgesamt eine Kapazität von 1.009
Megawatt zur Verfügung stellen; weitere 1.075 Megawatt können bei Bedarf
von österreichischen Kraftwerken abgerufen werden, sagte Kurth.
Die Anlagen liefern derzeit im Normalfall keinen Strom, sind aber noch
betriebsbereit. Für die weitere Bereithaltung werden die Betreiber
finanziell entschädigt; der Betrag, der über die Netzentgelte auf den
Strompreis umgelegt wird, steht noch nicht fest. "Die Sicherheit muss uns
das wert sein", sagte Kurth; ein AKW im Standby-Betrieb wäre zudem
vermutlich deutlich teurer gewesen.
Ob die Reservekraftwerke überhaupt zum Einsatz kommen, ist offen. Die
Netzagentur ist in ihren Berechnungen von einem Szenario ausgegangen, bei
dem an einem Winterabend bei hohem Stromverbrauch ein Teil des
Übertragungsnetzes nicht zur Verfügung steht und gleichzeitig Windstille
herrscht oder ein Atomkraftwerk ausfällt. In einem solchen Fall können die
Netzbetreiber kurzfristig anordnen, dass die Reservekraftwerke zugeschaltet
werden.
Die Entscheidung der Netzagentur stieß allgemein auf Zustimmung. Selbst
FDP-Chef Philipp Rösler, der lange für ein AKW als Reserve-Kraftwerk
plädiert hatte, sprach nun von einem "wichtiges Signal" für eine
"gesicherte Versorgung mit Strom". SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber wertete
die Entscheidung hingegen als Niederlage für die FDP.
Die Grünen werteten die Entscheidung als Rückendeckung für ihre Position;
die Blackout-Diskussion habe sich "als Panikmache erwiesen". Die
energiepolitische Sprecherin der Linken, Dorothee Menzner, warnte davor,
"die abgeschalteten Atomkraftwerke jetzt dauerhaft durch Kohle" zu
ersetzen.
Umweltverbände feierten die Entscheidung. Die atomkritische
Ärzteorganisation IPPNW, die seit Jahren gerichtlich für die Stilllegung
von Biblis gestritten hatte, begrüßte das endgültig aus für den
Pannen-Reaktor. Jochen Stay von der Initiative Ausgestrahlt wertete die
Entscheidung als Ansporn, für eine möglichst schnelle Stillegung der
verbleibenden neuen Atomkraftwerke zu kämpfen.
31 Aug 2011
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
## TAGS
Schwerpunkt Atomkraft
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