# taz.de -- Krieg in Libyen: Widersprüchliche Signale der Gaddafis | |
> Einer der Söhne Gaddafis verhandelt über eine Kapitulation, der andere | |
> verspricht den Sieg gegen die Rebellen. In Paris will die | |
> Staatengemeinschaft Hilfen für das Land beschließen. | |
Bild: Undurchschaubare Figur im libyschen Krieg: Al-Saadi Gaddafi. | |
PARIS/TRIPOLIS dpa | Während die Welt am Donnerstag in Paris Hilfen zum | |
Wiederaufbau Libyens in der Ära nach Gaddafi koordinieren will, kommen von | |
den Söhnen des untergetauchten Diktators völlig widersprüchliche Signale. | |
Al-Saadi Gaddafi will angeblich ein Blutvergießen verhindern und verhandelt | |
nach Angaben der Rebellen bereits über Sicherheitsgarantien für eine | |
Kapitulation. Dagegen rief sein Bruder Saif al-Islam die Anhänger des | |
Regimes mit Durchhalteparolen zum Kampf auf und versprach den baldigen | |
Sieg. Beide gaben an, im Namen ihres Vaters Muammar al-Gaddafi zu sprechen. | |
"Greift die Feinde an, wo immer sie sind", sagte Saif al-Islam Gaddafi am | |
Mittwochabend nach CNN-Berichten in einer vom arabischen Sender Al Rai TV | |
ausgestrahlten Botschaft. "Der Sieg ist nah", versprach der zweitälteste | |
Sohn Gaddafis. Die Gegner des Regimes nannte er "Verräter und Ratten." Er | |
halte sich in einem Vorort der Hauptstadt Tripolis auf. Seinem Vater gehe | |
es gut. "Wir trinken Tee und Kaffee", sagte er. | |
Sein jüngerer Bruder Al-Saadi Gaddafi gab nach Berichten des arabischen | |
Nachrichtensender Al-Dschasira in einem Interview mit einem arabischen | |
TV-Sender ebenfalls an, im Namen seines Vaters zu handeln. Er sei | |
autorisiert, mit dem Übergangsrat über ein Ende des Blutvergießens in | |
Libyen zu sprechen, habe der 38-Jährige gesagt. | |
## Gaddafi in Bani Walid? | |
Die Übergangsregierung hat den Truppen des alten Regimes ein Ultimatum | |
gestellt, bis Samstag die Waffen niederzulegen. Ansonsten werde Sirte, die | |
Geburtsstadt des Diktators, angegriffen. Die Bevölkerung in der rund 75.000 | |
Einwohner zählenden Küstenstadt sei gespalten, berichtete Al-Dschasira. | |
Eine Hälfte plädiere für Kampf, die andere Hälfte für Kapitulation. | |
Stammesälteste versuchten, die Gaddafi-Truppen wenigstens davon zu | |
überzeugen, dass im Fall einer Entscheidungsschlacht Frauen und Kinder | |
zuvor die Stadt verlassen könnten. | |
Die Rebellen verfügen nach eigenen Angaben über unbestätigte Informationen, | |
wo sich Gaddafi aufhält. Arabische Medien spekulierten, dass der 69-Jährige | |
in Bani Walid südlich von Tripolis untergetaucht sei. Die Stadt stehe unter | |
dem Schutz der Warfalla, des größten libyschen Stammes, berichtete der | |
arabische Nachrichtensender Al-Arabija. Dagegen behauptete ein ehemaliger | |
Leibwächter von Gaddafis Sohn Chamis, dass sich der Ex-Diktator in die 770 | |
Kilometer südlich von Tripolis gelegene Garnisonsstadt Sebha abgesetzt | |
habe. | |
Um schnell eine Verbesserung der humanitären Lage in Libyen zu erreichen, | |
will die Staatengemeinschaft an diesem Donnerstag in Paris die | |
Milliardenhilfe für das Land koordinieren. Gastgeber der Konferenz, an der | |
auch der libysche Übergangsrat und Bundeskanzlerin Angela Merkel | |
teilnehmen, sind der französische Präsident Nicolas Sarkozy und der | |
britische Premierminister David Cameron. Dabei geht es unter anderem darum, | |
die in mehreren Ländern eingefrorenen Reichtümer Gaddafis für Investitionen | |
in Libyen zur Verfügung zu stellen. | |
## Geld freigegeben | |
Nach einem entsprechenden Beschluss der UN gab Großbritannien am Mittwoch | |
libysche Banknoten im Wert von 1,1 Milliarden Euro an die | |
Übergangsregierung frei. Die in einer britischen Druckerei gedruckten | |
libyschen Dinars waren wegen der UN-Sanktionen eingefroren worden. Wie die | |
britische BBC berichtete, brachte ein Flugzeug der Royal Airforce bereits | |
in der Nacht zum Donnerstag eine erste Tranche in Höhe von 158 Millionen | |
Euro nach Bengasi. | |
Das Geld werde dabei helfen, "dringende humanitäre Notwendigkeiten" zu | |
erfüllen, sagte der britische Außenminister William Hague. Ferner könnten | |
damit Löhne für Staatsbedienstete bezahlt und die Wirtschaft wieder zum | |
Laufen gebracht werden. Auch Deutschland und Frankreich haben die UN um | |
eine Genehmigung zur Freigabe von libyschen Auslandsguthaben gebeten. | |
Die Nato will auch nach einem Ende des Militäreinsatzes in Libyen weiter | |
Flagge zeigen. Nato-Soldaten könnten für eine begrenzte Zeit den Luftraum | |
überwachen und Schiffe vor der Küste Libyens kontrollieren. Dies | |
vereinbarten die Vertreter der 28 Nato-Staaten am Mittwoch im Nato-Rat in | |
Brüssel. Eine Entsendung von Bodentruppen kommt dagegen für das Bündnis | |
nicht in Frage. | |
1 Sep 2011 | |
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