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# taz.de -- Streit um Gaza-Hilfsschiff: Türkei weist Botschafter Israels aus
> Der Vertreter Israels muss Ankara bis zum Mittwoch verlassen haben.
> Israel soll den Flottille-Opfern Wiedergutmachung zahlen, steht in einem
> UN-Bericht.
Bild: Sauer auf Israel: Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu.
JERUSALEM taz | Israels Botschafter in Ankara soll noch in der kommenden
Woche sein Gastland verlassen. Die Türkei weist den israelischen
Chefdiplomaten aus, weil sich die Regierung in Jerusalem weigert, Abbitte
für den Flottille-Zwischenfall im Mai letzten Jahres zu leisten. Außerdem
sollen die Militärabkommen mit Israel ausgesetzt werden.
Israel hatte am 31. Mai 2010 beim Entern eines Schiffes einer
internationalen Hilfsflotte für den Gazastreifen neun propalästinensische
türkische Aktivisten getötet. Der am Freitag veröffentlichte
UN-Untersuchungsbericht zu dem Zwischenfall macht beide Seiten für den Tod
der Aktivisten verantwortlich.
So seien die israelischen Marinesoldaten auf "maßgeblichen, organisierten
und gewaltvollen Widerstand" gestoßen, als sie die "Mavi Marmara", so der
Name des Schiffs, weit vor der Küste des Gazastreifens enterten, und hätten
sich selbst verteidigen müssen. Umgekehrt sei die israelische Entscheidung,
mit solcher Gewalt an Bord zu gehen, ohne zuvor eine letzte Warnung
abzugeben, "übertrieben und unvernünftig" gewesen.
Die vierköpfige Kommission unter dem Vorsitz des ehemaligen
neuseeländischen Ministerpräsidenten Sir Geoffrey Palmer appelliert an
beide Seiten, wieder "volle diplomatische Beziehungen" aufzunehmen. Im
Interesse der "Stabilität im Nahen Osten" sollte der Konflikt ad acta
gelegt werden. Israel müsse zu diesem Zweck, so stimmt die
Palmer-Kommission den türkischen Forderungen zu, "eine angemessene
Erklärung des Bedauerns abgeben" sowie Wiedergutmachungszahlungen an die
Familien der Todesopfer und der Verletzten leisten. Die beiden Regierungen
sind aufgerufen, eine gemeinsam vereinbarte Summe in einem Treuhandfonds zu
verwalten.
Jerusalem war wiederholt auf die Bremse getreten. Niemals werde sich Israel
für den Zwischenfall entschuldigen, kündigte erst vor zwei Wochen
Vizeaußenminister Danny Ayalon an.
## Serie diplomatischer Eklats
Die enge Verbindung zwischen Israel und der Türkei, die durch das
strategische Militärbündnis, intensive Handelsbeziehungen und nicht zuletzt
die türkische Hilfestellung bei indirekten Kontakten zu Damaskus
gekennzeichnet war, steht seit knapp drei Jahren unter keinem guten Stern
mehr. Begonnen hatte die Krise während des Gazakriegs, den die Regierung in
Ankara scharf kritisierte.
Später kam es zu einer ganzen Serie diplomatischer Eklats, darunter dem
wechselseitigen Vorwurf der Nichteinhaltung von Geschäftsverträgen und die
demonstrative Missachtung des inzwischen abberufenen türkischen
Botschafters in Tel Aviv durch Vizeaußenminister Ayalon.
In Jerusalem wurde der UN-Bericht überwiegend mit Erleichterung
aufgenommen, weil er festhält, dass die Marinesoldaten in Notwehr agierten
und weil die Kommission die Seeblockade als legal bezeichnete. Aus
denselben Gründen lehnt die Türkei den Bericht ab.
Die Regierung Netanjahu hatte wenige Monate nach der Militäraktion
zugestimmt, zumindest die Landblockade zu lockern, und reagierte damit auf
den internationalen Aufschrei, den die Militäraktion damals auslöste. Für
den Import verboten bleibt vor allem Baumaterial. Der Export ist bis auf
wenige Ausnahmen noch immer nicht möglich.
Der 76-seitige UN-Bericht zitiert große Abschnitte aus den türkischen und
israelischen Untersuchungsberichten. Nur zehn Seiten befassen sich direkt
mit dem Zwischenfall auf hoher See. Die Veröffentlichung der Ergebnisse war
auf Bitten Israels mehrfach verschoben worden. In Israel besteht laut der
israelischen Zeitung Haaretz die Sorge, dass infolge des UN-Berichts an
europäischen Gerichten Rechtsverfahren gegen Marineangehörige eingeleitet
werden könnten.
2 Sep 2011
## AUTOREN
Susanne Knaul
## TAGS
Benjamin Netanjahu
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