# taz.de -- Wikileaks veröffentlicht die US-Depeschen: Ende des Datenschutzes | |
> Zunächst waren die vormals geheimen US-Depeschen ungewollt ohne | |
> Namenschwärzungen in die Öffentlichkeit geraten. Nun hat die | |
> Enthüllungsplattform diese Papiere selbst online gestellt. | |
Bild: Wikileaks tritt - spät - die Flucht nach vorn an. | |
BERLIN dpa | Nach der schweren Datenpanne um geheime US-Depeschen hat | |
Wikileaks-Gründer Julian Assange die Flucht nach vorn angetreten und die | |
[1][Dokumente selbst veröffentlicht]. | |
Über die Enthüllungsplattform ist seit der Nacht zum Freitag ein kompletter | |
Datensatz mit mehr als 250 000 Dokumenten abrufbar. Damit sind nun auch die | |
Namen von Informanten der US-Botschaften öffentlich, die teilweise sensible | |
Informationen lieferten. Auf den Schritt wies die Gruppe via [2][Twitter] | |
hin. | |
Ursprünglich hatten Wikileaks-Gründer Julian Assange und seine | |
Medienpartner sich darauf geeinigt, die Namen von Informanten, deren | |
Sicherheit durch eine Veröffentlichung gefährdet werden könnte, zu | |
schwärzen. Allerdings geriet die verschlüsselte Datei mit den | |
ungeschwärzten Namen in Umlauf. Außerdem veröffentliche der britische | |
Journalist David Leigh in einem Buch über Wikileaks das Passwort zur | |
Entschlüsselung der Botschafts-Telegramme. | |
Der Mitarbeiter der britischen Zeitung The Guardian hatte die sensible | |
Daten von Wikileaks erhalten, als die Enthüllungsplattform und der Guardian | |
noch in einer Medienpartnerschaft verbunden waren. Nach mehreren kritischen | |
Artikeln in der britischen Zeitung über die Vergewaltigungsvorwürfe gegen | |
Assange brach diese Kooperation jedoch auseinander. | |
## Gegenseitige Vorwürfe | |
Inzwischen überziehen sich Leigh und Assange gegenseitig mit Vorwürfen. | |
Leigh rechtfertigte am Donnerstag die Veröffentlichung des Passworts in | |
seinem Buch mit dem Hinweis, er sei davon ausgegangen, dass es damals nur | |
für wenige Stunden gültig gewesen sei. | |
Die verschlüsselte Datei mit den 250 000 US-Depeschen kursiert schon seit | |
geraumer Zeit im Netz. Ein Mitarbeiter von Assange soll sie am 7. Dezember | |
2010 über die Filesharing-Website Pirate Bay über das BitTorrent-Protokoll | |
verbreitet haben. An diesem Tag hatte sich Assange in London der Polizei | |
gestellt, nachdem wegen der Vergewaltigungsvorwürfe in Schweden mit einem | |
Haftbefehl nach ihm gesucht wurde. Die über BitTorrent verteilte Datei | |
konnte mit dem Passwort entschlüsselt werden, das Assange dem | |
Guardian-Journalisten Leigh genannt und dieser später in seinem Buch | |
veröffentlich hatte. | |
Der Streit über den Umgang mit den sensiblen Daten aus dem | |
US-Außenministerium führte auch zum Bruch zwischen Wikileaks-Gründer Julian | |
Assange und Daniel Domscheit-Berg. Der deutsche Netzaktivist war einst ein | |
enger Mitarbeiter von Assange und trat mit ihm monatelang bei öffentlichen | |
Präsentationen der Enthüllungsplattform gemeinsam auf. | |
Nach dem Bruch des Vertrauensverhältnisses warf Domscheit-Berg dem | |
Wikileaks-Gründer einen viel zu sorglosen Umgang mit den geheimen Daten | |
vor. So sei Assange "zu faul" gewesen, für die Übergabe der Daten an die | |
ausgewählten Medienpartner eigene Versionen der verschlüsselten Datei mit | |
jeweils individuellen Passwörtern anzulegen. Assange wiederum beschuldigt | |
Domscheit-Berg, selbst entscheidend zum Leck der Daten beigetragen und in | |
seinem Wikileaks-Buch sensible Interna ausgeplaudert zu haben. | |
2 Sep 2011 | |
## LINKS | |
[1] http://wikileaks.org/cablegate.html | |
[2] http://twitter.com/#!/wikileaks/status/109435223200104448 | |
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offen. |