# taz.de -- Berliner Wahlen: Herausforderer unter sich | |
> Nach den fünf Großen durften am Dienstag auch die Kandidaten der Klein- | |
> und Kleinstparteien ins RBB-Fernsehen. Was sie sagten, war mal erhellend, | |
> mal erschreckend | |
Bild: Noch 15 Tage bis zur Wahl... | |
Die vielleicht wichtigste Antwort des Abends gab Martin Sonneborn. Der | |
frühere Chefredakteur des Satiremagazins Titanic und jetzige | |
Spitzenkandidat der Partei namens Die Partei erwiderte auf die durchaus | |
ernst gemeinte Frage des RBB-Moderators Sascha Hingst, ob er, Sonneborn, | |
über ernsthafte politische Überzeugungen verfüge: "Fragen Sie das | |
eigentlich auch Vertreter anderer Parteien?" | |
Es war die zweite TV-Runde des RBB zu den kommenden Berliner | |
Abgeordnetenhauswahlen. Nach den fünf Großen durften am Mittwochabend die | |
Kleinstparteien ins Fernsehen. | |
Es mag Absicht des RBB gewesen sein, direkt nach Sonneborn den Vertreter | |
der Partei für Soziale Gleichheit - Sektion der Vierten Internationale | |
(PSG) ans Stehpult zu holen. Christian Vandreier sieht aus wie ein kleiner | |
Bruder des Comedians Christian Ulmen. Die Ziele der PSG? Initiierung einer | |
antikapitalistische Massenbewegung und Enteignung der Banken. | |
In der Talkshow mit dem Titel "Die Herausforderer" wurde durchaus klar, | |
dass es den Kleinen mit ihren Anliegen manchmal sogar ernster als den | |
Großen ist. Nicht immer freute einen das allerdings. Etwa, wenn der | |
Polizeibeamte Andreas Corinth von der Deutschen Konservativen Partei | |
forderte, das Jugendstrafrecht abzuschaffen, den "massenhaften | |
Schwangerschaftsabbrüchen" entgegenzutreten und das Recht auf Asyl aus der | |
Verfassung zu nehmen. Auch die Vertreter der drei ganz rechten Parteien Die | |
Freiheit, Pro Deutschland und NPD verursachten Schaudern. Ob er sich "als | |
Ausländer" von Pro Deutschland bedroht fühlen müsse, fragte einer der als | |
Publikum geladenen OberstufenschülerInnen den Parteivorsitzenden Manfred | |
Rouhs. Dessen Antwort: "Im Gegenteil: Die Deutschen fühlen sich von euch | |
bedroht." NPD-Chef Udo Voigts Replik auf die Frage, was die NPD gegen | |
Lehrermangel tun wolle, sorgte für Raunen im Publikum: "Wenn wir unser | |
Ausländerrückführungsprogramm durchgeführt haben, sind die Klassen kleiner | |
und genug Lehrer da", so Voigt. | |
Doch auch die, die keine rechtsextremen oder rechten Positionen vertraten, | |
taten sich schwer, das Publikum für sich einzunehmen. Überzeugen konnten am | |
ehesten die beiden Frauen unter den 13 Kandidaten. Sabrina Bacholke von der | |
Tierschutzpartei versuchte sich erst gar nicht auf anderen Gebieten als | |
ihrem politischen Kernthema. Und Heike Canbulat vom Bündnis für Innovation | |
und Gerechtigkeit (BIG) vermittelte das Bild einer liberalen Muslima: "Wir | |
sind eine offene, aber eben vorwiegend von muslimischen Einwanderern | |
gegründete Partei" - deren Programm keineswegs "der Islam" sei. Es | |
forderten doch immer alle, Einwanderer möchten sich politisch beteiligen, | |
sagte sie, "da sollte man sich doch jetzt mal über uns freuen". | |
Auch die Piratenpartei war natürlich vertreten- Umfragen zufolge steht sie | |
bei 4,5 Prozent. Wirklich punkten konnte ihr Vertreter Andreas Baum jedoch | |
nicht: Zu wenig wusste er über Berlins Finanzlage und andere Themen zu | |
sagen. Ein "Armutszeugnis", so der zwischendurch befragte Parteienforscher | |
Hans-Gerd Jaschke. Die kleinen Parteien griffen zwar oft wichtige Themen | |
auf, Chancen hätten sie aber nur, wenn eines davon gerade sehr populär sei. | |
Jaschkes Fazit: "In diesem Wahlkampf fehlen große, polarisierende Themen." | |
2 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Alke Wierth | |
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