# taz.de -- Nach der Wahl in Mecklenburg-Vorpommern: Grünes Erfolgsrezept: Job… | |
> Die Nordost-Grünen haben das beste Wahlergebnis erreicht, das Grüne je in | |
> Ostdeutschland erzielen konnten. Der Schlüssel zum Erfolg: Arbeitsplätze. | |
Bild: Glückwünsche von der Bundesvorsitzenden Claudia Roth für die Spitzenka… | |
BERLIN taz | Die Kröpeliner-Tor-Vorstadt ist das Kreuzberg von Rostock. In | |
dem bunten Stadtviertel neben dem alten Haupttor der Stadt leben viele | |
junge Leute und Familien, es gibt Dutzende Cafés und Kneipen, hier ist seit | |
jeher eine Hochburg der Grünen. Im Wahlkreis Rostock III, zu dem die | |
Vorstadt gehört, haben 19,1 Prozent grün gewählt. [1][So viele, wie in | |
keinem anderen Wahlkreis in Mecklenburg-Vorpommern.] | |
Wer den historischen Erfolg des grünen Landesverbandes im Nordosten der | |
Republik erklären will, fängt am besten in der Kröpeliner-Tor-Vorstadt an. | |
Erstmals zieht die Partei ins Schweriner Landesparlament ein, es ist das | |
letzte in Deutschland ohne Grünen-Fraktion. Das Ergebnis, satte 8,4 | |
Prozent, ist das beste der Grünen in allen ostdeutschen Ländern. "Der | |
Landesverband hat Parteigeschichte geschrieben", lobte die | |
Bundesvorsitzende Claudia Roth am Montag in Berlin. | |
Claudia Schulz baute mit ihren Leuten 70-mal Infostände in Rostock auf. Man | |
habe auf der Basis der Kröpeliner Vorstadt aufgebaut, diese aber | |
ausgeweitet, erzählt die Sprecherin des Kreisverbandes Rostock. An den | |
Infoständen habe es viel Zuspruch von jungen Leuten gegeben, aber auch von | |
Senioren. "Neu war bei dieser Wahl: Es fehlte die früher weit verbreitete | |
Skepsis den Grünen gegenüber." | |
Auch in der Parteizentrale in Berlin wird diese Beobachtung an der Basis | |
als entscheidendes Faktum bewertet. In Ostdeutschland hatten es die Grünen | |
traditionell schwer: wenig Großstädte, eine starke Linkspartei, das weit | |
verbreitete Misstrauen, eine Öko-Schönwetterpartei sorge nicht für Jobs. | |
Dieses Misstrauen sei verschwunden, sagte Roth. "Keiner behauptete mehr, | |
wir seien eine Gefahr für den Wirtschaftsstandort." Entsprechend ist für | |
Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke die Wahl der letzte Beweis dafür, dass | |
"die Grünen endgültig in Gruppen verankert sind, die bisher gar nicht oder | |
andere Parteien gewählt haben". | |
## Grüne verdoppelten ihre Stimmenanzahl | |
Noch beeindruckender wird der grüne Erfolg, wenn man nicht die | |
Prozentpunkte, sondern die absoluten Stimmenzahlen betrachtet. Laut dem | |
vorläufigen Ergebnis des Landeswahlleiters haben nämlich alle anderen | |
Parteien Wähler im Vergleich mit der Wahl 2006 verloren. Die CDU | |
beispielsweise fast 80.000 Stimmen. Auch der SPD kehrten Leute den Rücken, | |
dass sie dennoch prozentual zulegen konnte, liegt an der extrem niedrigen | |
Wahlbeteiligung im Land. Nur die Grünen schafften es, ihre Stimmenzahl im | |
Vergleich mit 2006 zu verdoppeln - auf rund 56.000. | |
[2][Spitzenkandidatin Silke Gajek] steht neben Roth, die gebürtige | |
Schwerinerin spricht mit leisem Dialekt, sie neigt nicht zu großen Tönen. | |
Beachtlich sei das Ergebnis für ihr Bundesland, sagt sie. Und fügt hinzu: | |
"Wir haben sehr lange darauf gewartet." Während des Wahlkampfes verbanden | |
die Grünen ihre Themen konsequent mit Arbeitsplätzen. Sie redeten nicht nur | |
von Ökostrom durch Windräder, sondern von der "Jobmaschine neue Energien". | |
Gegen geplante Schweinemast-Anlagen und Hühnerfabriken argumentierten sie | |
mit Tierschutz, aber auch mit Jobs, die durch industrielle Landwirtschaft | |
im Tourismus verloren gingen. Das kam an im strukturschwachen Land. Gajek | |
sagt: "Aus den blühenden Landschaften, die Helmut Kohl versprach, sind bei | |
uns Mais-Monokulturen geworden." | |
Auch in Mecklenburg-Vorpommern sind die Grünen vor allem in den Städten | |
stark. In Schwerin, Greifswald oder Rostock lagen die Ergebnisse bei über | |
15 Prozent, im ländlichen Raum um 7 Prozent. Alle Grünen - die im Bund und | |
die im Land - sind sich einig, dass der Bundestrend bei der Wahl geholfen | |
hat, aber nicht spielentscheidend war. Wichtig sei gewesen, meint die | |
Rostockerin Schulz, dass die Partei anders als in allen anderen Wahlen von | |
Anfang an von Medien und Wählern ernst genommen worden sei. "So hatten die | |
Bürger nicht das Gefühl, eine Stimme für die Grünen sei eine verschenkte | |
Stimme." | |
5 Sep 2011 | |
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## AUTOREN | |
Ulrich Schulte | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Wahlen in Berlin | |
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