# taz.de -- Kommentar Spanische Schuldenbremse: Protest gegen Elendsproduktion | |
> Schuldenbremsen in Ländern mit einer extrem hohen öffentlichen | |
> Verschuldung sind keine Lösung. Sie führen nur zu schweren sozialen | |
> Verwerfungen. | |
Die Bundesregierung hält für die defizitären Haushalte von | |
Eurokrisenländern ein finanzpolitisches Exportprodukt bereit: Die 2009 im | |
Grundgesetz verankerte Schuldenbremse soll in die Verfassungen aller | |
Staaten eingraviert werden, die die Gemeinschaftswährung benutzen. Doch | |
dabei bleiben negative Erfahrungen genauso ausgeblendet wie die | |
Möglichkeit, zu scheitern. | |
Dabei ist klar, dass Schuldenbremsen in Ländern mit einer im Vergleich zur | |
Wirtschaftskraft extrem hohen öffentlichen Verschuldung zu schweren | |
sozialen und ökonomischen Verwerfungen führen - und damit zu politischen | |
Schäden. | |
Das zeigt sich bereits jetzt in Griechenland: Zunächst wurde das Land zum | |
massiven Abbau von staatlichen Ausgaben sowie zur Erhöhung der Steuern auf | |
die Masseneinkommen gezwungen. Der sich daraus ergebende Nachfrageausfall | |
zwang die bereits angeschlagene Binnenwirtschaft endgültig in die Knie. Die | |
Arbeitslosenquote stieg, die gesamtwirtschaftliche Produktion sank stärker | |
als die Neuverschuldung - und die fiskalische Zielquote der ganzen Maßnahme | |
wurde verfehlt. | |
Angesichts dessen sind die Demonstrationen gegen Schuldenbremsen in Spanien | |
und Italien nur zu verständlich. Denn dieses Rezept ist sozial und | |
makroökonomisch schlichtweg dumm. Der ganze Opfergang ist zutiefst | |
ungerecht und verursacht bei den Einkommens- und Vermögensschwachen | |
Perspektivlosigkeit. | |
An die Stelle der Produktion von Elendsökonomien im Euroland muss eine | |
Sanierungsstrategie mit folgenden Elementen treten: Reform des öffentlichen | |
Sektors, effektive Besteuerung der Vermögenden - auch durch Bekämpfung von | |
Korruption und Steuerhinterziehung -, vor allem aber gemeinschaftlich | |
verantwortete Maßnahmen zur Stärkung einer ökologisch anspruchsvollen | |
Wirtschaftsstruktur. Auch dafür wird derzeit in den Krisenländern | |
demonstriert. | |
7 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Rudolf Hickel | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
EU-Parlamentarier mahnen zur Einheit: "Mitten in einem Euro-Debakel" | |
Gegen den Totalzusammenbruch: EU-Parlamentarier fordern die Schaffung einer | |
Wirtschaftsregierung. Und kritisieren die nationalen Regierungen wegen | |
ihrer Unentschlossenheit. | |
China will in Europa investieren: Rote Hilfe | |
Premier Wen Jiabao bietet Europa finanzielle Unterstützung an – allerdings | |
nicht ohne Gegenleistung. China wünscht sich die Anerkennung als | |
Marktwirtschaft. | |
Chefvolkswirt der EZB tritt zurück: Noch ein Notenbanker steigt aus | |
Jürgen Stark, Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank, tritt zurück. Ein | |
möglicher Nachfolger ist Jörg Asmussen, Staatssekretär im | |
Bundesfinanzministerium. | |
Proteste in Spanien: Demonstration gegen Defizitriegel | |
Premier Zapatero bringt seine umstrittene Verfassungsreform gemeinsam mit | |
dem politischen Gegner durch. Der PSOE droht ein heißer Herbst. | |
Krise des Euro: Neue Riesenlöcher in Bankbilanzen | |
Der IWF rechnet vor, dass die europäischen Banken dringend neues Kapital | |
bräuchten. Politiker und Banker reagieren empört und bestreiten den | |
Engpass. | |
Spanien in der Eurokrise: Schuldenbremse gezogen | |
Wenige Monate vor den Neuwahlen beschließt die spanische Regierung | |
gemeinsam mit der Opposition, eine Defizitgrenze in der Verfassung zu | |
verankern. |