# taz.de -- Kämpfe in Libyen: Gaddafi-Sohn flüchtet nach Niger | |
> Gaddafi-Sohn Al-Saadi setzt sich ins Nachbarland ab. Vom Diktator Muammar | |
> al-Gaddafi fehlt jedoch weiter jede Spur. Rebellen umzingeln die | |
> Gaddafi-Hochburg Sebha. | |
Bild: Rebellen bereiten sich darauf vor, Gaddafis Geburtsstadt Sirte einzunehme… | |
TRIPOLIS dpa | Immer mehr enge Familienmitglieder des gestürzten libyschen | |
Diktators Muammar al-Gaddafi setzen sich ins Ausland ab. Gaddafis Sohn | |
Al-Saadi habe am Sonntag die Grenze zum Nachbarland Niger überquert, sagte | |
der nigrische Justizminister Marou Amadou in der Hauptstadt Niamey. | |
Wie der arabische Nachrichtensender Al-Dschasira weiter berichtete, wurde | |
der 38 Jahre alte Ex-Fußballprofi in einem Konvoi mit acht weiteren | |
Personen aufgegriffen. Die Regierung von Niger sei nicht vorab informiert | |
worden. | |
Al-Saadi ist bereits das vierte von acht Kindern Gaddafis, das sich ins | |
Ausland abgesetzt hat. Zuvor war Ende August die zweite Ehefrau des | |
untergetauchten Ex-Machthabers, Safija al-Gaddafi, mit der Tochter Aischa | |
und dem Sohn Hannibal nach Algerien geflüchtet. Mit dabei war auch Gaddafis | |
ältester Sohn Mohammed, der aus erster Ehe stammt. Wo sich Ex-Diktator | |
Gaddafi aufhält, ist weiterhin unklar. | |
In das Nachbarland Niger waren in den vergangenen Tagen bereits ranghohe | |
Generäle Gaddafis geflüchtet. Die Regierung des Landes gibt an, dass sie | |
die Wüstengrenze zu Libyen nicht vollständig überwachen könne. | |
## Neue Übergangsregierung | |
Eine neue libysche Übergangsregierung soll innerhalb von zehn Tagen | |
gebildet werden. Mahmud Dschibril vom Übergangsrat sagte am Sonntag in | |
Tripolis vor Journalisten, in der neuen Übergangsregierung sollten auch | |
Repräsentanten der unterschiedlichen Regionen Libyens vertreten sein. | |
Am Samstagabend traf erstmals seit dem Sturz des Gaddafi-Regimes der | |
Vorsitzende des libyschen Übergangsrates, Mustafa Abdul Dschalil, in | |
Tripolis ein. Hunderte Anhänger, Rebellen-Militärs und Honoratioren der | |
Hauptstadt bereiteten ihm einen begeisterten Empfang, berichteten | |
Augenzeugen. | |
Bisher hatte sich Dschalil, der führende Politiker der neuen Machthaber, in | |
der ostlibyschen Großstadt Bengasi aufgehalten. Dort war im Februar der | |
Volksaufstand ausgebrochen, der Ende August zur Vertreibung Gaddafis aus | |
Tripolis geführt hatte. | |
Nach Medienberichten warnte Dschalil im Kreise der Rebellenführung vor zu | |
großem Optimismus. Gaddafi habe immer noch Geld, um Söldner anzuwerben. Die | |
schon länger erwartete Ankunft Dschalils sollte auch dazu beitragen, die | |
Kluft zwischen der politischen Führung des Aufstands und den | |
Rebellen-Militärs in der Hauptstadt zu schließen. | |
## Widerstand in Bani Walid | |
Kämpfer der Rebellen-Milizen unternahmen am Sonntag erneut keinen | |
ernsthaften Anlauf, die von Gaddafi-Anhängern besetzte Wüstenstadt Bani | |
Walid einzunehmen. Die Verbände der Aufständischen würden sich nun in der | |
Umgebung der Stadt neu gruppieren, berichteten Reporter des Fernsehsenders | |
CNN aus dem Frontgebiet. | |
Am Vortag hatten sich Rebellen-Stoßtrupps mit Gaddafis Getreuen am | |
Stadtrand heftige Gefechte geliefert. Die Kämpfer des ehemaligen Diktators | |
leisteten mehr Widerstand als erwartet. Bani Walid, 150 Kilometer | |
südöstlich von Tripolis, ist eine von vier Enklaven, die noch von | |
Gaddafi-Streitkräften gehalten werden. | |
Rebellen begannen unterdessen die Gaddafi-Hochburg Sebha, 600 Kilometer | |
südlich von Tripolis, zu umzingeln. Der Übergangsrat hatte den | |
Gaddafi-Anhängern ein Ultimatum gesetzt, um die Waffen niederzulegen. Es | |
war in der Nacht zum Samstag abgelaufen. | |
Inzwischen hat das das vom Bürgerkrieg verwüstete Land seine Ölproduktion | |
wieder angeworfen. Mahmud Dschibril, sagte am Sonntag, mit der Förderung | |
sei bereits am Samstag wieder begonnen worden. Er machte keine Angaben zu | |
Ort und Mengen, sondern ergänzte lediglich, die Produktion werde in naher | |
Zukunft erhöht. | |
Libyen hält die größten Ölreserven Afrikas. Vor Beginn der Unruhen gegen | |
den inzwischen gestürzten Machthaber Muammar Gaddafi verkaufte das Land 85 | |
Prozent seiner Exporte nach Europa. Im Zuge des sechsmonatigen Bürgerkriegs | |
war die Förderung praktisch zum Erliegen gekommen. Mittlerweile stehen | |
europäische Ölgesellschaften wie die italienische Eni und die | |
österreichische OMV in den Startlöchern, um ihre Produktion wieder | |
hochzufahren. | |
12 Sep 2011 | |
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