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# taz.de -- Leiharbeit war nicht genug: Hire and Fire im Hafen
> Der Gesamthafenbetrieb hat über Jahre hinweg Tagelöhner beschäftigt. Die
> Gewerkschaften schauten zu. Einige Arbeiter haben sich dagegen mit Erfolg
> gewehrt.
Bild: Knochenjob: Arbeiter beim Verladen von Kakaosäcken.
Seit Ende der 90er Jahre hebelt der Gesamthafenbetrieb (GHB) gemeinsam mit
den Hafeneinzelbetrieben Arbeitnehmerschutzrechte aus. Behörden und
Sozialversicherungsträger drückten beide Augen zu und die Gewerkschaften
sitzen bei der GHB satzungsgemäß auf der Arbeitgeberseite. Seit dem
vergangenem Sommer wehrt sich eine Reihe von Tagelöhnern vor dem
Arbeitsgericht.
Den GHB gründeten die Hafenunternehmen, um mit dem stark schwankenden
Arbeitsanfall zurecht zu kommen. Das Gemeinschaftsunternehmen beschäftigt
rund 1.000 Hafenarbeiter fest. Aus diesem Pool können die einzelnen
Hafenunternehmen bei Bedarf Personal anfordern. Ein Bundesgesetz schuf
dafür den Rahmen.
Für die Beschäftigten hat die Anstellung beim Gesamthafenbetrieb den
Vorteil eines festen Arbeitsverhältnisses mit Sozialversicherung,
Kündigungsschutz und Urlaubsgeld. Die Unternehmen können auf qualifiziertes
Personal zurückgreifen. Und sie profitieren davon, dass sich der
Arbeitskräftebedarf über alle Hafenbetriebe hinweg ausgleicht: Braucht ein
Betrieb gerade mehr Leute, braucht der andere vielleicht weniger.
In den Boomjahren, als der Hafen mit zweistelligen Raten wuchs, reichte
dieser Arbeitskräftepool nicht mehr. Der GHB hätte neue Leute einstellen
müssen. Stattdessen beschäftigte er neben den festangestellten
Leiharbeitern bis zu 300 "Unständige" - eine Art Tagelöhner. Sie helfen auf
den Containerterminals, in den Packstationen, beim Löschen und Laden von
Schiffen.
Nach Auffassung des GHB und der Hafenunternehmen ist das erlaubt, wenn es
einen vorübergehenden Mangel an Arbeitern gibt und der GHB sie für einen
Arbeitstag vermittelt. Doch von einem vorübergehenden Mangel kann keine
Rede sein: Bis 2009 besetzte der GHB 40 Prozent der Schichten mit
Unständigen, 2010 bis zu 35 Prozent - trotz Wirtschaftskrise und
Kurzarbeit.
Die Anwältin Barbara Ede wirft dem GHB und den Unternehmen vor, sie hielten
sich nicht an ihre eigene Satzung. Im Einzelfall hätten Unständige bis zu
sieben Jahre wie Festangestellte gearbeitet. Rahmengesetz, Verordnung und
Satzung sehen die Schaffung stetiger Arbeitsverhältnisse als vorrangig an.
Als während der Wirtschaftskrise einige Unständige immer weniger Schichten
bekamen, beschlossen sie zu klagen. In der ersten Entscheidung stellte das
Hamburger Arbeitsgericht am 6. Juli 2010 fest, dass für den klagenden
Tagelöhner faktisch seit August 2002 ein Arbeitsverhältnis als
Gesamthafenarbeiter besteht (Az. 25 Ca 66/10). Die übrigen Kläger schlossen
Vergleiche.
Anfang 2011 folgte eine zweite Klagewelle gegen die Eurogate-Tochter Swop
und die GHB. Inzwischen haben sieben Kläger eine Festanstellung bei Swop
erreicht. GHB-Geschäftsführer Thomas Brügmann kündigte an, die
Festangestellten bis Jahresende auf 1.200 aufzustocken.
Bernt Kamin-Seggewies, Arbeitnehmer-Vertreter im GHB-Vorstand und
Betriebsratsvorsitzender, reagiert ärgerlich auf das Thema Unständige.
Politisch hält er die Vorgehensweise immer noch für richtig. "Die
juristische Bewertung mag eine andere sein", räumt er ein. Er spricht von
Einstiegschancen für Leute, die sonst keine Chance hätten: "Wir haben doch
bis zur Krise jahrelang 30 bis 50 Unständige eingestellt."
Doch nicht alle Gewerkschafter scheinen diese Einschätzung zu teilen. Von
Gewerkschaftssekretärin Rosie Hoyer, Fachgruppe Häfen, sind auch Zweifel zu
hören. "In unserem ehrenamtlichen Vorstand gab es auch Kritik", sagt sie.
12 Sep 2011
## AUTOREN
Angela Dietz
## TAGS
Hafen
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Wartestellung zu halten.
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