# taz.de -- Kritik an Anlageberatung: Banken verschweigen Provision | |
> Trotz BGH-Urteil: Wie früher bei Lehman-Zertifikaten verweigern | |
> Kreditinstitute ihren Kunden Auskunft - ein Trauerspiel, klagen | |
> Verbraucherschützer. | |
Bild: Alle Provisionen offengelegt? Verbraucherschützer kritisieren intranspar… | |
BERLIN taz | Auch drei Jahre nach dem Lehman-Skandal scheint den Banken das | |
Wohl ihrer Kunden nicht sonderlich am Herzen zu liegen. Die meisten | |
Institute weigern sich, Provisionen, die sie für Wertpapiergeschäfte | |
einstreichen, offenzulegen - obwohl sie dazu verpflichtet sind. Das ist das | |
Ergebnis einer aktuellen Untersuchung der Initiative Finanzmarktwächter der | |
Verbraucherzentralen. "Die Institute spielen nach wie vor mit verdeckten | |
Karten", sagt Gerd Billen, der Chef des Bundesverbands der | |
Verbraucherzentralen (vzbv). | |
Zwei von drei Instituten missachten laut Studie gegenüber ihren Kunden die | |
Pflicht, Provisionen für Wertpapiere wie Zertifikate, Aktien oder | |
Investmentfonds offenzulegen. Entweder verweigerten die Geldhäuser die | |
Auskunft ganz oder sie informierten unzureichend. "Das Ergebnis ist für die | |
Banken ein Trauerspiel", so vzbv-Chef Billen. | |
Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) müssen Verbraucher erfahren, | |
welche Vergütungen Banken für eine Finanzvermittlung erhalten. Dies kann | |
Aufschluss darüber geben, ob die jeweilige Bank eine unabhängige Beratung | |
anbietet oder nur im Auftrag eines Fondsanbieters handelt. Das Problem: Das | |
BGH-Urteil bezieht sich nur auf Kommissionsgeschäfte, bei denen die Banken | |
als Vermittler agieren. Für sogenannte Festpreisgeschäfte, bei denen die | |
Institute Wertpapiere auf eigene Rechnung kaufen, gilt es nicht. | |
Mit fadenscheinigen Argumenten, auch mit dem des Festpreisgeschäftes, so | |
die Verbraucherschützer, wimmelten die Geldhäuser ihre Kunden ab. "In 25 | |
Prozent der Fälle lehnten die Kreditinstitute eine Auskunft mit der | |
Behauptung ab, bei dem Produkt habe es sich um ein Festpreisgeschäft | |
gehandelt", erläutert die Kapitalanlagenexpertin des vzbv, Dorothea Mohn. | |
Ob die Behauptung stimmt, ist für Verbraucher nicht überprüfbar. | |
Zweifel, so Billen, seien zumindest bei der Targobank (ehemals Citybank) | |
angebracht. Diese habe behauptet, ihren Kunden Zertifikate ausnahmslos als | |
Festpreisgeschäft verkauft zu haben. Die Abrechnungen wiesen allerdings | |
Kommissionsgeschäfte aus. Mit einem Computerfehler erklärte die Targobank | |
die Unstimmigkeit. | |
Die Verbraucherzentralen sehen sich anhand dieser Ergebnisse in ihrer | |
Annahme bestätigt, dass die Kreditinstitute bei Finanzproduktempfehlungen | |
viel mehr von der Höhe der Provisionen getrieben sind, als vom Wohl ihrer | |
Kunden. "Banken haben großes Interesse daran, die Intransparenz aufrecht zu | |
erhalten", meint vzbv-Expertin Mohn. | |
Vom Gesetzgeber verlangen die Verbraucherschützer nun, für Rechtsklarheit | |
zu sorgen. Explizit solle gesetzlich geregelt werden, dass Provisionen | |
offengelegt werden müssen - unabhängig davon, ob es sich um | |
Kommissionsgeschäfte oder Festpreisgeschäfte der Kreditinstitute handelt. | |
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) müsse den Markt | |
besser überwachen. | |
Für die nicht repräsentative Untersuchung hatten die Verbraucherzentralen | |
280 Anleger aufgerufen, ihre Geldhäuser um eine Auflistung der Provisionen | |
zu bitten, die sie für Anlageempfehlungen erhalten hatten. Nur drei Banken | |
legten die Vergütungen klar und in Euro und Cent offen: die Deutsche Bank, | |
die Hypovereinsbank und die Sparkasse Hannover. "Das ist ein Zeichen, dass | |
es geht", urteilt vzbv-Chef Billen - und es zeige, wie wenig belastbar die | |
Argumente der anderen Institute seien. | |
14 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Mandy Kunstmann | |
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