# taz.de -- Weitere Peinlichkeiten von Berlusconi: "In der Freizeit bin ich Reg… | |
> Neue Enthüllungen aus abgehörten Telefonaten: Italiens Premier soll damit | |
> geprahlt haben, dass Frauen Schlange stehen, um Sex mit ihm zu haben. Die | |
> Opposition fordert erneut seinen Rücktritt. | |
Bild: Berlusconi spürt sein Alter: "Es waren elf, aber ich habe nur acht von i… | |
ROM afp | Nach neuen peinlichen Enthüllungen aus abgehörten | |
Telefongesprächen gerät der italienische Ministerpräsident Silvio | |
Berlusconi weiter unter Druck. Die italienischen Zeitungen veröffentlichten | |
am Samstag Mitschnitte, in denen der 74-Jährige mit seiner Manneskraft | |
protzt und sich selbst als Freizeit-Regierungschef bezeichnet. Die | |
Opposition forderte Berlusconis Rücktritt. | |
Den Zeitungen zufolge soll Berlusconi etwa am 1. Januar 2009 in einem | |
Telefongespräch mit dem Unternehmer Gianpaolo Tarantini damit geprahlt | |
haben, dass junge Frauen Schlange stünden, um eine Nacht mit ihm zu | |
verbringen: "Es waren elf, aber ich habe nur acht von ihnen geschafft, dann | |
konnte ich nicht mehr." In einem Telefonat mit einer Tänzerin aus der | |
Dominikanischen Republik entschuldigt sich Berlusconi demnach, dass er | |
nicht mehr Zeit mit ihr verbringen könne: "Weißt Du, Marysthell, in meiner | |
Freizeit gebe ich den Regierungschef." | |
Die Telefonate wurden 2009 im Zuge von Ermittlungen der Staatsanwaltschaft | |
Bari zu einer Prostitutionsaffäre abgehört. Dabei geht es um den Verdacht, | |
dass Tarantini gemeinsam mit sieben weiteren Verdächtigen dutzende junge | |
hübsche Frauen für Berlusconis Partys anheuerte und für Sex mit dem Premier | |
bezahlte, um sich Einfluss und lukrative Aufträge zu sichern. | |
Den von den Zeitungen veröffentlichten Ermittlungsberichten zufolge gab | |
Tarantini zwischen Juli 2008 und April 2009 bei 22 für Berlusconi | |
organisierten Partys fast 29.000 Euro dafür aus, rund 30 junge Frauen zu | |
entlohnen, die er dem Ministerpräsidenten und anderen Gästen zuführte. | |
Frauen, die mit Berlusconi ins Bett gingen, sollen von dem Unternehmer 1000 | |
Euro dafür bekommen haben, wobei Berlusconi selbst laut Zeitungsberichten | |
etlichen Frauen zusätzlich Umschläge mit 100-Euro-Scheinen zugesteckt haben | |
soll. | |
Tarantini habe den Auftrag gehabt, ständig neue junge schlanke Frauen "im | |
sexy Mini-Kleid", aber ohne hohe Absätze zu besorgen. Die Frauen sollten | |
dabei nicht als professionelle Prostituierte, sondern wie "Freundinnen" | |
Tarantinis auftreten. | |
## "Ein schurkischer Versuch" | |
Tarantini und seine Frau wurden Anfang September unter Erpressungsverdacht | |
verhaftet. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft von Neapel soll Tarantini | |
850.000 Euro von Berlusconi erhalten haben, damit er bei Vernehmungen | |
angibt, der Ministerpräsident habe nicht gewusst, dass eine Reihe von | |
weiblichen Gästen seiner rauschenden Feste bezahlte Callgirls waren. | |
Die italienische Opposition forderte am Samstag erneut Berlusconis | |
Rücktritt. Angesichts der ernsten Probleme, die Italien zu meistern habe, | |
könne sich das Land keinen "Freizeit-Regierungschef" leisten, erklärte die | |
Demokratische Partei. Berlusconi sei "in der Hand von Zuhältern und | |
Prostituierten", die ihn ausnutzten, um wichtige Aufträge oder hohe | |
Stellungen in staatlichen Unternehmen zu bekommen, sagte Felice Belisario | |
von der Partei Italien der Werte. Berlusconis früherer Verbündeter | |
Gianfranco Fini zeigte sich besorgt um das öffentliche Ansehen Italiens und | |
forderte ebenfalls Berlusconis Rückzug. | |
Berlusconi versicherte dagegen in einem Brief an die Zeitung "Il Foglio", | |
er habe sich nichts vorzuwerfen und sei Opfer eines "schurkischen Versuchs, | |
mein Privatleben zu kriminalisieren". Regierungsmitglied Saverio Romano | |
sprach von einer "Lynch-Operation quer durch die Medien". Berlusconis | |
Getreue arbeiten bereits an einem Gesetz, das die Nutzung und | |
Veröffentlichung von Mitschnitten abgehörter Telefonate einschränken und so | |
schnell wie möglich durchs Parlament gebracht werden soll. | |
18 Sep 2011 | |
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