# taz.de -- Posse um Gebot für Blohm + Voss: Hamburger Interessen | |
> Die Auseinandersetzung um Blohm + Voss wird zur Posse. Thyssen findet, | |
> Lürssen betreibe Rosinenpickerei, der Betriebsrat lehnt ein Angebot ab, | |
> das er nicht kennt. | |
Bild: Wer macht das beste Angebot? Blohm + Voss soll verkauft werden. | |
HAMBURG taz | Die Auseinandersetzung um Blohm + Voss wird zur Posse. Hat | |
Stadtentwicklungssenatorin Jutta Blankau (SPD) gegen Hamburger Interessen | |
verstoßen? Das glaubt der wirtschaftspolitische Sprecher der | |
GAL-Bürgerschaftsfraktion, Anjes Tjarks. Das Angebot der Bremer | |
Werftengruppe Lürssen soll Hamburgs Senatorin wohlwollend an den | |
Betriebsrat von Blohm + Voss weitergereicht haben. "Dabei", so Tjarks, | |
"scheint Lürssen zum jetzigen Zeitpunkt das schlechtere Angebot zu machen." | |
Offenbar riskiere Blankau "aufgrund alter Verbindungen oder ideologischer | |
Scheuklappen Hamburger Interessen". Blankau war bis zu ihrem Wechsel ins | |
Senatsamt Bezirksleiterin der IG Metall Küste. | |
Die Bremer Familienwerft Lürssen hatte am vergangenen Donnerstag ein | |
Kaufangebot für die Hamburger Schiffbauer bestätigt. Die Unterstützung der | |
Regierungen in den Hansestädten und Berlin schien gewiss, der deutsche | |
Schiffbauverband VSM begrüßte "die norddeutsche Lösung". Nur Thyssen-Krupp | |
überraschte mit "erheblichen Zweifeln", nicht einmal die "üblichen | |
wirtschaftlichen Details" seien im Angebot enthalten, watschte der Essener | |
Stahlmulti die Hochtechnologie-Schmiede an der Weser ab. Später legte Hans | |
Christoph Atzpodien, Chef der Thyssen-Schiffbauholding TKMS, noch einen | |
drauf: Das Bremer Angebot sei nicht der Rede wert. Im Übrigen betreibe | |
Lürssen "Rosinenpickerei". | |
Blohm + Voss besteht aus Yachtbau, Marineschiffbau, Maschinenbau und einem | |
weltweiten Reparaturbetrieb. Lürssen stellte daraufhin klar, was von Anfang | |
an klar war: Das Angebot an Thyssen "umfasst alle bekannten B+V-Firmen". | |
Beobachter halten ein abgekartetes Spiel zwischen Politik und Lürssen für | |
möglich, um die Übernahme der hamburgischen Industrieperle durch eine | |
"Heuschrecke" zu verhindern. Thyssen dürfte das Angebot äußerst ungelegen | |
kommen. Kommende Woche läuft die Angebotsfrist für Blohm + Voss aus. | |
Nachdem trotz zweijährigen Verhandlungen die Abu Dhabi Mar abgesprungen | |
war, wäre ein britischer Investor scheinbar alternativlos gewesen. Thyssen | |
hätte der Belegschaft also einiges abverlangen können, was wiederum | |
Verkaufspreis und Aktienkurs hebt. Das Lürssen-Angebot gefährdet daher laut | |
einer Analyse der WGZ-Bank die Gespräche mit dem Finanzinvestor. | |
Bei diesem soll es sich gerüchteweise um Star Capital Partner handeln. | |
Einen eher kleinen Spieler in der Fonds-Szene, ohne Erfahrungen in der | |
maritimen Wirtschaft. Solche Private-Equity-Fonds sind bekannt für ihr | |
Rosinenpicken, sie rationalisieren Firmen durch oder zerstückeln sie, um | |
sie nach wenigen Jahren wieder zu verkaufen. Und Rationalisierungsbedarf, | |
da sind sich Kenner der Werft einig, besteht bei Blohm + Voss. Im | |
Unterschied zu Lürssen, die der globalen Konkurrenz durch Modularisierung | |
und Standardisierung trotzen und so Jobs schafften, gilt die | |
Produktionsweise auf Steinwerder als überholt. Der notwendige | |
Technologietransfer könnte von der Weser kommen. | |
Da kochen dann schnell traditionelle Animositäten zwischen den beiden | |
Belegschaften hoch. Schon am Montag war der Hamburger Betriebsrat nach | |
Essen gereist, um den Schulterschluss mit der Thyssen-Krupp-Spitze zu | |
suchen und in einem Flugblatt wurde gewettert, die Bremer Offerte sei "eine | |
Verhöhnung von Belegschaft und Konzern". Der Betriebsrat kannte das | |
Verkaufsangebot jedoch nur in Auszügen. Umso possenhafter, dass er von | |
vornherein abblockte. | |
20 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Hermannus Pfeiffer | |
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