# taz.de -- Provokanter Gottesdienst: Ein Abendmahl für alle | |
> Ein katholisches homosexuelles Priesterpaar feiert das Abendmahl in einer | |
> evangelischen Kirche. Das Erzbistum Berlin droht mit Konsequenzen. | |
Bild: Einstimmen auf den Papst in Freiburg. | |
Ein Abendmahl für Christen aller Konfessionen und Interessierte wollen | |
heute Abend um 19 Uhr zwei katholische, homosexuelle Priester aus Köln in | |
der evangelischen St.-Thomas-Gemeinde in Kreuzberg feiern. Seit 1998 sind | |
Christoph Schmidt und Norbert Reicherts vom Priesteramt suspendiert, | |
nachdem sie ihren Job gekündigt hatten. Nach geltendem Kirchenrecht dürfen | |
sie keine Aufgaben mehr ausüben, die mit dem priesterlichen Dienst | |
verknüpft sind - etwa die Feier der heiligen Messe. | |
Widerstand kommt deshalb vom Erzbistum Köln, wo die beiden Priester leben, | |
sowie vom Erzbistum Berlin. In einem Brief von Ende August spricht Joachim | |
Kardinal Meisner, Erzbischof von Köln, von einer "schweren Sünde gegen | |
Christus selbst", wenn Schmidt und Reicherts heilige Messen feierten. Auch | |
Berlins Erzbischof Rainer Maria Woelki wandte sich vor einer Woche an die | |
Priester. Er droht mit rechtlichen Konsequenzen, sollten die beiden heute | |
Abend den Gottesdienst abhalten. | |
"Wir hoffen natürlich, dass die Priester einlenken und sich gegen das | |
Abendmahl entscheiden", sagte Stefan Förner, Sprecher des Erzbischöflichen | |
Ordinariats Berlin, zur taz. Andernfalls müsse man sehen, welche | |
Konsequenzen gezogen würden. "Das ist noch nicht klar." | |
Priester Christoph Schmidt lässt sich von der Drohung des Erzbischofs | |
Woelki nicht einschüchtern. "Es war nicht anders zu erwarten", sagte der | |
48-Jährige. "Wir werden den Gottesdienst trotzdem halten." Schließlich | |
bleibe er Priester, auch wenn er nicht mehr offiziell das Priesteramt | |
ausübe. Zum Priestersein werde man berufen, es sei eine Glaubensfrage. | |
"Mein Auftrag als Christ ist es, die Menschen zu lieben und niemanden | |
auszugrenzen." Dies sei in der katholischen Kirche aber nur bedingt | |
möglich. Geschiedene und Homosexuelle seien etwa bei der heiligen Messe | |
nicht willkommen. | |
Aus diesem Grund hat sich Schmidt 1998 gegen das Priesteramt entschieden - | |
genauso wie sein Partner Norbert Reicherts, mit dem er seit sechs Jahren in | |
einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebt. "Wir wollen nicht durch die | |
Grenzen der katholischen Kirche beschränkt sein." Kurz nach der Kündigung | |
suspendierte die katholische Kirche die Priester von ihrem Dienst. "Mit dem | |
Gottesdienst wollen wir in Berlin einen Akzent setzen", sagte Schmidt. In | |
Köln trauen er und Reicherts regelmäßig Menschen und feiern Messen - in | |
ihrer privaten Kapelle im eigenen Garten. | |
Claudia Mieth begrüßt den Gottesdienst der katholischen Priester. "Kein | |
Mensch darf bestimmen, wer am Abendmahl teilnehmen darf", sagte die | |
Pfarrerin der St.-Thomas-Gemeinde. "Für uns zählt das Menschliche." Es | |
handele sich jedoch nicht um einen ökumenischen Gottesdienst. "Der Inhalt | |
der Messe obliegt allein den katholischen Priestern." Um über das | |
Verständnis des Abendmahls zu diskutieren, veranstaltet die Gemeinde am | |
Donnerstag um 20 Uhr ein Gesprächsforum, zu dem auch Schmidt und Reicherts | |
eingeladen sind. Gegen das Papstamt als solches ist Priester Schmidt nicht. | |
Es sei gut, wenn eine Person alle Christen unter sich vereinen würde. "Aber | |
momentan grenzt der Papst aus." | |
JULIA FIEDLER | |
20 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Julia Fiedler | |
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