# taz.de -- Piraten üben Demokratie: Das Kreuz mit der Transparenz | |
> Wie gläsern müssen wir selbst sein? Das fragen sich derzeit die Piraten. | |
> Und versuchen trotz interner Debatte über das Thema Geschlossenheit zu | |
> demonstrieren. | |
Bild: Spaß und Politik: Piraten müssen beraten, wie das funktionieren soll | |
"Demokratie, Transparenz, Bürgerrechte", warb die Piratenpartei bis vor ein | |
paar Tagen auf ihren Wahlplakaten. In Sachen Transparenz haben die 15 | |
zukünftigen Abgeordneten der Fraktion nun ihren ersten internen Konflikt. | |
Die Frage: Wie viel Transparenz muss sein, wenn es um die eigene | |
Parteiarbeit geht? | |
Ganz konkret stellt sich die Frage schon am heutigen Donnerstagabend. Dann | |
wird die künftige Fraktion im Abgeordnetenhaus tagen - und unter anderem | |
darüber debattieren, ob sie einen Geschäftsführer haben will. Auch, wie | |
viel Transparenz sie sich selbst verordnet, wird Thema sein. In jedem Fall | |
soll ein Protokoll der Sitzung veröffentlich werden, erklärt der künftige | |
Abgeordnete Gerwald Claus-Brunner. Darüber hinaus werde ein Video | |
angefertigt. "Was mit der Aufzeichnung passiert, ist aber noch unklar", | |
sagt er. Sprich: Ob sie direkt ins Netz gestellt wird, ob Szenen getilgt | |
werden oder ob die Aufnahme in der Schublade verschwindet. | |
Für alle diese Varianten fanden sich auf einem Treffen am Montagabend | |
Positionen innerhalb der künftigen Piraten-Fraktion. Man brauche "einfach | |
mal den Raum, um relativ offen miteinander sprechen zu können", sagte etwa | |
Christopher Lauer. Am Tag vor der entscheidenden Sitzung wollen die | |
künftigen Abgeordneten davon jedoch nichts mehr hören. "Wir selber setzen | |
die Messlatte bezogen auf Transparenz mit unseren Forderungen aus dem | |
Wahlkampf sehr hoch und müssen das auch so vorleben", sagt Lauer nun. Auch | |
Heiko Herberg, der im Sitzungsprotokoll noch damit zitiert wird, dass er | |
die Sitzung "nicht nach außen hin ausstrahlen" möchte, erklärt am Mittwoch: | |
"Wenn es sich um Fraktionsarbeit handelt, muss alles, was wir sagen, | |
veröffentlicht werden." | |
Auch wenn sich die künftige Fraktion nach außen geschlossen zeigen will - | |
dass jede Sitzung der 15 Abgeordneten gleich im Internet steht, ist nicht | |
ausgemacht. "Ich vermute, dass es da knappe Mehrheiten geben wird", sagt | |
Claus-Brunner. | |
Die Partei hatte im Wahlkampf stets betont, dass sie gerne die gesamte | |
Arbeit von Parlament und Regierung öffentlich sehen würde. Bei den | |
Ausschüssen sind derzeit die meisten öffentlich. Ausnahmen sind | |
beispielsweise der Petitions- und der Vermögensausschuss. In den | |
öffentlichen Sitzungen sind Besucher zugelassen, einige Wochen später wird | |
außerdem ein Ergebnis- oder Wortprotokoll auf der Seite des | |
Abgeordnetenhauses veröffentlicht. Plenarsitzungen werden per Audio- und | |
Videostream übertragen, auch hier gibt es im Anschluss Protokolle. Die | |
Regierungsarbeit ist dagegen deutlich weniger transparent: Die regelmäßigen | |
Sitzungen des Senats finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. | |
Unter den Sympathisanten der Partei häufen sich die Stimmen, die für | |
möglichst viel Veröffentlichung werben. "Ich würde euch raten, alles | |
öffentlich zu machen", schreibt ein Nutzer auf der Seite, auf der die | |
Piraten das Sitzungsprotokoll veröffentlicht haben. "Nichts, was dort | |
passiert, könnte so schlimm sein, dass es das Brechen eines Versprechens | |
rechtfertigen würde", findet ein anderer. | |
21 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Svenja Bergt | |
Benjamin Quiring | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Wahlen in Berlin | |
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