# taz.de -- Rundfunkfreiheit in Deutschland: Zensur gegen Kurdensender gescheit… | |
> Mit seinem Verbot der Ausstrahlung von Roj-TV 2008 ist das deutsche | |
> Innenministerium vor dem Europäischen Gerichtshof unterlegen. | |
Bild: Demonstration von Unterstützern des kurdischen Senderns Roy-TV im vergan… | |
FREIBURG taz | Deutschland durfte die Ausstrahlung des prokurdischen | |
Fernsehsender Roj-TV nicht verbieten. Das hat jetzt der Europäische | |
Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg entschieden. Sonstige Aktivitäten des | |
Senders bleiben in Deutschland aber untersagt. | |
Roj-TV ist ein Sender, der mit einer dänischen Lizenz überwiegend in | |
Belgien produziert wird und in ganz Europa über Satellit verbreitet wird. | |
Er berichtet über die kurdischen Landesteile der Türkei. Ankara versucht, | |
die Ausstrahlung zu verhindern, weil Roj-TV der verbotenen kurdischen | |
Arbeiterpartei PKK nahestehen soll, die mit Anschlägen und Guerillaaktionen | |
für kurdische Autonomie kämpft. | |
Die Türkei beantragte 2006 und 2007 beim dänischen Radio- und | |
Fernsehausschuss, dass Roj-TV die Lizenz entzogen wird, weil der Sender | |
Hass schüre. Der Ausschuss lehnte den Antrag ab. Roj-TV übermittele | |
Informationen und Nachrichten. Bilder mit gewalttätigen Inhalten spiegelten | |
nur die Realität in den kurdischen Gebieten wieder. | |
Weil Roj-TV weitersenden konnte, verbot das deutsche Innenministerium im | |
Juni 2008 die Ausstrahlung des Senders in Deutschland. Der damalige | |
Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) stützte sich auf das Vereinsgesetz. | |
Der Sender richte sich gegen den "Gedanken der Völkerverständigung" und | |
werbe für die in Deutschland verbotene PKK. Ein Studio von Roj-TV in | |
Wuppertal wurde geschlossen, die Anlagen beschlagnahmt. | |
Roj-TV klagte gegen das Ausstrahlungsverbot und erzielte beim | |
Bundesverwaltungsgericht in Leipzig im Mai 2009 einen ersten Erfolg. Die | |
Klage habe aufschiebende Wirkung, so die Richter. Roj-TV darf seither | |
vorläufig in Deutschland wieder ausgestrahlt werden. Das | |
Bundesverwaltungsgericht fand zwar, dass sich Roj-TV gegen die | |
Völkerverständigung richte und den bewaffneten Kampf der PKK verherrliche. | |
Es legte das Verfahren jedoch dem EuGH vor und fragte, ob das deutsche | |
Sendeverbot für einen "dänischen" Sender mit EU-Recht vereinbar sei. | |
Der EuGH entschied nun, dass für die Frage, ob Roj-TV zu Hass aufstachele, | |
nach der EU-Fernsehrichtlinie die dänischen Behörden zuständig sind. Dazu | |
gehöre auch die nach deutschem Recht relevante Frage, ob ein Sender gegen | |
den Gedanken der Völkerverständigung verstößt. Deutschland durfte deshalb | |
die Ausstrahlung von Roj-TV in Deutschland nicht beschränken, solange der | |
Sender eine dänische Sendelizenz besitzt. | |
Darüber hinausgehende vereinsrechtliche Maßnahmen in Deutschland seien aber | |
möglich, so der EuGH. So könne Deutschland verbieten, dass Roj-TV in | |
Deutschland Sendungen produziert. Zudem dürfen Roj-TV und seine | |
Muttergesellschaft Mesopotamie Broadcast dort keine Veranstaltungen | |
durchführen. Abschließend muss nun das Bundesverwaltungsgericht die | |
EuGH-Vorgaben umsetzen. Doch der Anwalt von Roj-TV, Reinhard Marx, sprach | |
gestern schon von einem "großen Erfolg". (Az: C-244/10) | |
22 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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