Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kolumne Mit dem Papst im Himmel: Volle Fahrt voraus
> Was bedeutet Nähe so nahe am Papst? Dass man selbst als VAMP kein
> Interview mit ihm bekommt, immerhin aber über abgesperrte Straßen
> eskortiert wird.
Winston Churchill wurde gefragt, was das Reizvolle an der Macht ist. Der
britische Premier soll gesagt haben: "reputation, information,
transportation" - Reputation, Information und Transport. Das kann man als
VAMP, als ein direkt vom Vatikan akkreditierter Journalist im Flugzeug und
in der Entourage des Papstes, gut nachvollziehen. Gerade jetzt beim Besuch
von Benedikt XVI. in Deutschland.
Dabei geht es nicht vor allem um die Reputation, die man im Schatten des
Papstes vielleicht von anderen Kollegen erhält, die auch gern im
"Papstflieger" gewesen wären - denn diese scheinbare Nähe zum Papst ist
journalistisch interessant. Aber nur dem Papst wird zugejubelt, natürlich
nicht den Journalisten, die ihm hinterherdackeln. Auch mit der Information
ist es nicht weit her, denn manches an dieser Reise erleben die besser, die
am Fernseher alles verfolgen.
Aber, zugegeben, Churchills Wort vom Reiz des Transports für die Mächtigen
dieser Welt - diesen Reiz erliegt man als VAMP sehr schnell. Denn wir Halb-
oder Ganz-Vaticanisti werden ebenfalls wie der Papst über gesperrte Straßen
gefahren, vorneweg ein Polizeiauto, das uns den Weg freiräumt. Wir sind
also auch ein bisschen Papst.
Zugleich erkennt man als VAMP die Ambivalenz dieses privilegierten Umgangs
mit den Mächtigen. Die Leute sind verständlicherweise sauer, dass für den
Papst (und ein wenig für uns) Straßen abgesperrt werden. Die Bürger werden
in ihrem täglichen Leben massiv gestört.
Schlimmer noch: Man versteht plötzlich als mitreisender Journalist, wie
stark geschützte Menschen wie der Papst oder der US-Präsident völlig
abgeschnitten sind von einem direkten Kontakt zu ganz normalen Menschen.
Die Straßen gesperrt, nur arrangierte Treffen mit wichtigen Leuten, der
ganze Jubel - es ist schwer, da nicht abzuheben.
Wenn dann auch noch dem Papst dauernd gesagt wird, er sei eine
"Heiligkeit", puh!, da braucht es viel Demut, sich nicht ganz toll zu
finden. Keine Ahnung, wie der alte Mann aus Rom damit zurecht kommt. Das
würde ich ihn als Journalist gern mal fragen. Aber selbst als VAMP bekommt
man kein Interview mit dem Papst. Nur ein paar Fahrten über gesperrte
Straßen.
23 Sep 2011
## AUTOREN
Philipp Gessler
## ARTIKEL ZUM THEMA
Abschluss des Papstbesuchs: Oberhirte fordert mehr Treue zu Rom
Benedikt XVI. beendet seinen Deutschlandbesuch. Zum Ende ist der Gast etwas
unhöflich geworden gegenüber seinen Schäfchen in Deutschland.
Kommentar Papstbesuch: Die Kirche boxt weiter
Die Säkularisierung Deutschlands wird voranschreiten, auch ein noch so
prächtiger Papstbesuch kann sie nicht aufhalten. So war das Ganze nur ein
halber Erfolg für den Papst.
Papst in Freiburg: "Vielleicht irgendwann"
Gehirnwäsche? Personenkult? Instrumentalisierung? Der Papst hat vor
Jugendlichen das Abendgebet in Freiburg gehalten. Was für eine Show!
Papst trifft Protestanten: Schöne Worte, leere Hände
Das Treffen des Papstes mit Vertretern der Evangelischen Kirche im Erfurter
Augustinerkloster ist historisch, die Ergebnisse sind es nicht. Reformator
Luther bleibt weiter gebannt.
Papst im Berliner Olympiastadion: Bei Justin Bieber ist mehr Ekstase
61.000 feierten mit Bendikt XVI. eine Messe im Olympiastadion. Sakrale
Momente waren allerdings spärlich. Das Abendmahl wurde von einem
E-Gitarren-Solo eingeläutet.
Stimmen von der Anti-Papst-Demo: "5.000 Euro und halt' die Klappe"
Benedikt ist in Deutschland, aber die Teilnehmer einer Berliner Demo wollen
nicht Papst sein. Teils aus weltanschaulichen, teils aus persönlichen
Gründen – wie Missbrauch.
Papstrede im Bundestag: Der Mann in Weiß
Das politische Berlin huldigt dem Papst. Zahlreiche Abgeordnete bleiben
seiner Rede im Bundestag fern. Und Benedikt XVI. lobt die Grünen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.